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Zweiter Bericht der Staatsregierung zur sozialen Lage in Bayern ...

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SITUATIONSANALYSE: 3. Bildung<br />

feld. Dies führt dazu, dass <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en deutschen<br />

Land <strong>der</strong> Unterschied zwischen Jugendlichen mit unterschiedlichem<br />

Migrationsstatus so groß war wie zwischen<br />

bayerischen Jugendlichen <strong>der</strong> ersten Generation und den<br />

an<strong>der</strong>en beiden Migrantengruppen.<br />

Soziale Herkunft<br />

Die soziale Herkunft wird <strong>in</strong> PISA 2003 mit e<strong>in</strong>em Index<br />

abgebildet, <strong>der</strong> ökonomische, soziale und kulturelle<br />

Familienmerkmale <strong>in</strong>tegriert (Index of Economic, Social<br />

and Cultural Status - im weiteren ESCS-Index) 9 .<br />

Der Zusammenhang zwischen dem ökonomischen, kulturellen<br />

und <strong>sozialen</strong> H<strong>in</strong>tergrund <strong>der</strong> Schüler<strong>in</strong>nen und<br />

Schüler und dem erreichten Kompetenzerwerb <strong>der</strong> Jugendlichen<br />

<strong>in</strong> Mathematik wird bei PISA 2003 durch e<strong>in</strong>en<br />

„<strong>sozialen</strong> Gradienten“ quantifiziert. In <strong>der</strong> Darstellung<br />

3.83 im Anhang s<strong>in</strong>d die Steigungen <strong>der</strong> <strong>sozialen</strong><br />

Gradienten <strong>der</strong> mathematischen Kompetenz und <strong>der</strong><br />

Lesekompetenz für die deutschen Län<strong>der</strong> aufgelistet. Für<br />

Deutschland betrug die Steigung des <strong>sozialen</strong> Gradienten<br />

10 für die mathematische Kompetenz 42,6 Punkte und<br />

für die Lesekompetenz 37,8 Punkte. In allen deutschen<br />

Län<strong>der</strong>n zeigte sich e<strong>in</strong> enger Zusammenhang zwischen<br />

sozialer Herkunft und Kompetenzerwerb, allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong><br />

unterschiedlicher Höhe. In <strong>Bayern</strong> war die Steigung des<br />

<strong>sozialen</strong> Gradienten im Län<strong>der</strong>vergleich mit 26,2 Punkten<br />

für die Lesekompetenz am ger<strong>in</strong>gsten und wies mit 37,6<br />

Punkten für die mathematische Kompetenz nach Brandenburg<br />

den zweitniedrigsten Wert auf. Für <strong>Bayern</strong> zeigte<br />

sich, wie auch für Sachsen und Thür<strong>in</strong>gen, e<strong>in</strong> relativ<br />

schwacher Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft<br />

und erreichter Kompetenz bei gleichzeitig hohem Kompetenzniveau<br />

(PISA-Konsortium Deutschland 2005).<br />

Die soziale Herkunft von Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern spielt<br />

auch bei <strong>der</strong> Entscheidung für bestimmte Bildungswege<br />

e<strong>in</strong>e Rolle. So ist die gymnasiale Bildungsbeteiligung <strong>in</strong><br />

allen deutschen Län<strong>der</strong>n ungleich auf die <strong>sozialen</strong> Schichten<br />

verteilt. Teilt man die Jugendlichen gemäß ihrem<br />

ESCS-Index <strong>in</strong> vier gleichgroße Gruppen (Quartile) e<strong>in</strong>,<br />

so besuchten <strong>in</strong> allen deutschen Län<strong>der</strong>n die Schüler<strong>in</strong>nen<br />

und Schüler aus <strong>der</strong> obersten Sozialschicht (75-<br />

100 %-Quartil) mehrheitlich das Gymnasium (D: 61,0 %;<br />

BY: 57,2 %). Bei den 15-Jährigen <strong>der</strong> untersten Sozialschicht<br />

(0-25 %-Quartil) entsprach <strong>der</strong> Gymnasialanteil<br />

h<strong>in</strong>gegen bei 8,0 Prozent <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> dem gesamtdeutschen<br />

Durchschnitt (vgl. Darstellung 3.84 im Anhang).<br />

Bezieht man die zentralen Kompetenzen <strong>der</strong> Jugendlichen<br />

<strong>in</strong> Mathematik und Lesen mit e<strong>in</strong> (vgl. Darstellung 3.85<br />

im Anhang, Spalten Modell II), so war bei gleicher Kompetenz<br />

die relative Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit e<strong>in</strong>es Jugendlichen<br />

aus <strong>der</strong> obersten Sozialschicht, das Gymnasium anstatt<br />

e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Schulart zu besuchen, <strong>in</strong> Deutschland<br />

sowie <strong>in</strong> Baden-Württemberg und Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />

viermal so hoch wie für e<strong>in</strong>en Jugendlichen aus dem<br />

zweituntersten Viertel (25-50 %-Quartil). In <strong>Bayern</strong> besuchten<br />

Jugendliche aus <strong>der</strong> obersten Sozialschicht bei gleicher<br />

Kompetenz h<strong>in</strong>gegen sechse<strong>in</strong>halb Mal so oft das Gymnasium<br />

wie Jugendliche des zweituntersten Quartils. Im<br />

Vergleich zum nationalen Durchschnitt waren ihre Chancen<br />

somit e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Mal so hoch.<br />

In <strong>der</strong> Literatur wird das Fehlen von Kompetenzen mit<br />

dem Konzept <strong>der</strong> „Kompetenzarmut“ beschrieben, um<br />

auf die kognitiven und kulturellen Implikationen von Armut<br />

h<strong>in</strong>zuweisen. Nach Arnold u. a. (2007: 245) „gel<strong>in</strong>gt<br />

es <strong>in</strong> Deutschland den vorschulischen E<strong>in</strong>richtungen und<br />

<strong>der</strong> Grundschule nicht so gut wie möglicherweise <strong>in</strong> vielen<br />

an<strong>der</strong>en Staaten, bestehenden <strong>sozialen</strong> Ungleichheiten<br />

kompensierend zu begegnen.“<br />

3.2.4 Allgeme<strong>in</strong> bildende<br />

Schulabschlüsse<br />

Die Statistik <strong>der</strong> Schulabschlüsse dokumentiert die Bildungsbeteiligung<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung und bestimmter Bevölkerungsgruppen.<br />

Zugleich s<strong>in</strong>d die Abschlüsse entscheidend<br />

dafür, welche Möglichkeiten den Absolvent<strong>in</strong>nen<br />

und Absolventen auf dem Arbeitsmarkt offen stehen.<br />

Das Fehlen von Bildungsabschlüssen wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur<br />

häufig mit dem Begriff „Zertifikatsarmut“ beschrieben<br />

und es wird auf e<strong>in</strong>en Zusammenhang <strong>zur</strong> materiellen<br />

Armut h<strong>in</strong>gewiesen.<br />

Allgeme<strong>in</strong> bildende Schulen<br />

E<strong>in</strong> Fünftel <strong>der</strong> <strong>in</strong>sgesamt 138.065 bayerischen Schulabgänger<strong>in</strong>nen<br />

und Schulabgänger des Schuljahres<br />

2005/2006 erwarben die allgeme<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> fachgebun-<br />

9<br />

In diesen Index fließen Angaben zum ausgeübten Beruf <strong>der</strong> Eltern (ISEI), zum höchsten Bildungsabschluss <strong>der</strong> Familie sowie e<strong>in</strong> Indikator für kulturelle und lernunterstützende<br />

Besitztümer <strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie (z. B. Anzahl <strong>der</strong> Bücher zu Hause, Internet-Anschluss, Kunstwerke) e<strong>in</strong>. Der Index ist auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> OECD standardisiert<br />

und weist e<strong>in</strong>en Mittelwert von 0 und e<strong>in</strong>e Standardabweichung von 1 auf. <strong>Bayern</strong> liegt mit e<strong>in</strong>em Mittelwert von 0,15 im gesamtdeutschen Mittelfeld (Berl<strong>in</strong>: 0,26;<br />

Bremen: 0,01).<br />

10<br />

Die Steigung des <strong>sozialen</strong> Gradienten gibt an, um wieviel höher <strong>der</strong> Kompetenzwert läge, wenn <strong>der</strong> Kennwert des ESCS-Index um e<strong>in</strong>e Standardabweichung steigt.<br />

Je größer diese Steigung ist, desto enger ist <strong>der</strong> Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> <strong>sozialen</strong> Herkunft und dem Kompetenzerwerb <strong>der</strong> Jugendlichen.<br />

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