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Deutschlands bester Hauptschullehrer ''Wenn Werder gewinnt, geb' ich immer einen aus'' - Job & Karriere - sueddeutsche.de 11.05.2007<br />

Deutschlands bester Hauptschullehrer ''Wenn Werder gewinnt, geb' ich immer einen aus'' - Job &<br />

Karriere - sueddeutsche.de 11.05.2007<br />

11.05.2007 18:39 Uhr<br />

Deutschlands bester Hauptschullehrer<br />

"Wenn Werder gewinnt, geb' ich immer<br />

einen aus"<br />

Preisträger Reinhard Kostur über die Zunahme von Gewalt an<br />

Schulen, den Ärger über gestrichene Stunden und seine kleinen<br />

Tricks zur Auflockerung des Unterrichts.<br />

Interview: Andreas Schubert<br />

Seit 32 Jahren im<br />

Lehrerberuf: Reinhard<br />

Kostur<br />

Foto: oh<br />

Reinhard Kostur, 62, ist der beste<br />

Hauptschullehrer Deutschlands. Seit 1980<br />

unterrichtet er an der Hauptschule Schiffdorf<br />

in Niedersachsen. Jetzt hat er den von der<br />

Hertie-Stiftung, der Bosch-Stiftung und der<br />

Bundesvereinigung der Deutschen<br />

Arbeitgeberverbände ausgelobten, mit 5000<br />

Euro dotierten Lehrerpreis für vorbildliches<br />

pädagogisches Engagement erhalten. Das<br />

Preisgeld soll in ein Schulprojekt fließen.<br />

sueddeutsche.de: Herr Kostur, wann ist<br />

man ein guter Lehrer?<br />

Reinhard Kostur: Meine Ausbilder haben<br />

mir immer gesagt, entweder man kann’s<br />

oder man kann’s nicht, also von Geburt an.<br />

Aber im Ernst: Ein guter Lehrer ist einer, der<br />

sich seiner Sache sicher ist, der seinen Beruf mag und das auch zeigt. Und<br />

der Freude hat am Umgang mit Kindern. Selbstverständlich sollte er auch<br />

sein Handwerkszeug verstehen und sich mit neuen Methoden beschäftigen.<br />

Die sollte man aber nur übernehmen, wenn sie auch wirklich zu einem<br />

passen.<br />

sueddeutsche.de: Und was zeichnet den besten Lehrer aus?<br />

Kostur: Humor, Gelassenheit und ein gewisses Maß an Lebenserfahrung.<br />

Ich habe selbst drei Kinder, so habe ich die Schule stets auch aus<br />

Elternsicht wahrgenommen. Ich kann viele Eltern gut verstehen.<br />

sueddeutsche.de: Wann, zum Beispiel?<br />

Kostur: Wenn mir meine Kinder gesagt haben, dass der Unterricht<br />

unmotiviert abläuft und sie nur aus Büchern abschreiben, bin ich zu dem<br />

Lehrer hin und hab ihm Vorschläge gemacht, was er vielleicht anders<br />

machen könnte. Als Lehrer kommt man sich da ein bisschen dumm vor,<br />

weil man denkt: eigentlich müsste es der Kollege ja selbst besser wissen.<br />

sueddeutsche.de: Bedeutet die Auszeichnung „Bester Lehrer“ etwas für<br />

Sie?<br />

Kostur: Darauf bin ich durchaus stolz. Es ist eine Anerkennung für meine<br />

Arbeit und auch für die Schule. Wenn ich heute auf der Straße ehemaligen<br />

Schülern begegne, werde ich oft angesprochen. Einer zeigt mir seine<br />

Kinder, ein anderer sein neues Auto. Das ist ein Kompliment. Ich selbst<br />

habe früher immer einen großen Bogen um viele meiner Lehrer gemacht.<br />

sueddeutsche.de: Sie unterrichten seit 32 Jahren. Fällt es nach einer<br />

gewissen Zeit nicht schwer, sich immer wieder zu motivieren?<br />

Kostur: Mir nicht. Ich gehe nach wie vor gerne in den Unterricht. Da ich<br />

auch Ausbildungslehrer bin, kann ich den jungen Referendaren auch<br />

einiges beibringen. Zum Beispiel sage ich denen: Bleibt doch öfter mal<br />

gelassen.<br />

sueddeutsche.de: Ihre Schüler attestieren Ihnen Humor. Wie äußert sich<br />

der im Unterricht?<br />

Kostur: An Weihnachten habe ich manchmal eine Krawatte an, die auf<br />

Knopfdruck ein Weihnachtslied spielt. Das lockert auf und kommt immer<br />

gut an. Jeder Lehrer sollte sich so ein Merkmal zulegen. Außerdem bin ich<br />

Werder-Fan. Wenn Werder gewinnt, geb' ich immer einen aus.<br />

sueddeutsche.de: Ach ja? Und wenn Bremen dieses Jahr Deutscher<br />

Meister wird?<br />

Kostur: Dann gibt es in der Schule auf jeden Fall ein gemeinsames<br />

Frühstück.<br />

sueddeutsche.de: Klingt, als sei Ihre Schule eine große Familie. Was hat<br />

sich denn in den 32 Jahren ihres Lehrerdaseins an der Hauptschule<br />

verändert.<br />

Kostur: Weil wir eine ländliche Schule sind, trifft einiges, was andernorts<br />

in Schulen verbreitet ist, bei uns so nicht zu. Viele Eltern beschäftigen sich<br />

nicht mehr mit schulischen Dingen. Sie gehen nicht zum Elternabend und<br />

sie überlassen immer mehr Aufgaben der Schule, indem sie sich einfach<br />

aus der Erziehung ausklinken. Auch Gewalt und raue Umgangsformen<br />

haben deutlich zugenommen.<br />

sueddeutsche.de: Woran liegt das?<br />

Kostur: Hauptschüler bekommen doch häufig gesagt: „Ihr seid nichts<br />

wert“. Da macht sich natürlich der Frust breit. Auch die Anerkennung der<br />

Eltern fehlt oft.<br />

sueddeutsche.de: Der Hauptschule haftet oft das schlechte Image der<br />

„Restschule“ an. Ärgert sie das?<br />

Kostur: Es ärgert mich sogar sehr. Wir haben mit Stundenkürzungen zu<br />

kämpfen, auf der anderen Seite wird, etwa von der Wirtschaft, mehr<br />

Wissen von den Schülern erwartet. Oft heißt es auch, die Hauptschüler<br />

werden immer dicker. Gleichzeitig werden ihnen Sportstunden gestrichen.<br />

Als Beratungslehrer hatte ich früher fünf Stunden zur Verfügung, heute nur<br />

noch drei. Damit kann ich den großen Beratungsbedarf nicht decken.<br />

sueddeutsche.de: Was passiert eigentlich mit den 5000 Euro Preisgeld?<br />

Kostur: Es gab im Kollegenkreis schon einige Vorschläge. Ich will aber auf<br />

jeden Fall die Schüler in die Planungen mit einbeziehen. Wir sollten eine<br />

größere Sache anschieben. Das könnte zum Beispiel ein Nichtraucher- oder<br />

Drogenprojekt sein.<br />

http://lev-thueringen.de/spiegel/20070516195528/20070516195512/index.html [16.05.2007 22:35:32]

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