Von Leuten, die auszogen, Geschlechterverhältnisse zu verändern â¦
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Gender Mainstreaming in der Kinder- und Jugendhilfe<br />
6 Lernprozesse mit offenem Ausgang –<br />
Klippen und Hürden im Verlauf der Implementierung<br />
von Gender Mainstreaming<br />
Die Implementierung von Gender Mainstreaming ist ein Prozess, der Zeit<br />
und Unterstüt<strong>zu</strong>ng braucht. Darüber besteht weitgehend Konsens bei den<br />
ProtagonistInnen der Umset<strong>zu</strong>ng. Gender Mainstreaming lässt sich nicht<br />
einfach per Dekret verordnen, und ein gemeinsam getroffener Umset<strong>zu</strong>ngs-<br />
Beschluss z.B. bildet ja erst <strong>die</strong> Grundlage, den Ausgangspunkt für <strong>die</strong> Bestimmung<br />
von Zielen, <strong>die</strong> Entwicklung von Strategien bis bis hin <strong>zu</strong> konkreten<br />
Aktivitäten. Auf <strong>die</strong>sem Weg zeichnen sich unterschiedliche Hindernisse,<br />
Klippen, Hürden und Herausforderungen ab, <strong>die</strong> <strong>zu</strong>m Teil mit gegebenen,<br />
kurzfristig kaum veränderbaren Strukturen <strong>zu</strong>sammenhängen, <strong>zu</strong>m Teil<br />
aber auch aus einer mangelnden Akezptanz des Anliegens resultieren. Die<br />
Veränderung der Geschlechterverhältnisse zählt in den seltensten Fällen <strong>zu</strong><br />
den originären Aufgaben von Organisationen der Kinder- und Jugendhilfe.<br />
Durch Gender Mainstreaming sind <strong>die</strong>se jedoch gefordert, Geschlechterpolitik<br />
<strong>zu</strong> einem zentralen Organisationsziel <strong>zu</strong> machen (vgl. da<strong>zu</strong> Kap. 1, Abschnitt<br />
1.2). Der Anspruch, mit dem Gender Mainstreaming auftritt – <strong>die</strong><br />
Perspektive der Geschlechtergerechtigkeit bei allen Entscheidungen und auf<br />
allen Ebenen <strong>zu</strong> beachten – , läuft auf einen grundlegenden Wandel hinaus.<br />
Die Aussicht auf tiefgreifende Veränderungen ruft jedoch im allgemeinen<br />
Abwehrreaktionen hervor. „Weil Geschlechterpolitik <strong>die</strong> Organisation umwandeln<br />
will, wird sie eben auch so vehement abgewehrt“, so Michael Meuser<br />
in einem vom DJI-Projekt 2004 veranstalteten Workshop <strong>zu</strong> Geschlecht<br />
und Arbeitswelt (Meuser 2004). Bei <strong>die</strong>ser Feststellung beruft er sich auf<br />
Überlegungen der französischen Organisationsforscher Crozier und Friedberg,<br />
<strong>die</strong> Widerstände gegen Innovationen mit Blick auf den „mikropolitischen<br />
Akteur“, also im Grunde jedes Organisationsmitglied, erklären. Diesen<br />
beiden Forschern <strong>zu</strong>folge ist für den mikropolitischen Akteur jegliche<br />
Innovation gefährlich, weil Innovationen es mit sich bringen, dass etablierte<br />
Einflusszonen ebenso wie (unter Umständen erkämpfte) Handlungsfreiheiten<br />
in Frage gestellt werden und möglicherweise neu verhandelt werden<br />
müssen (Meuser 2004). Da Organisationen einerseits in ihrem Funktionieren<br />
auf verlässliche Strukturen angewiesen sind, bedeutet Innovation immer<br />
auch Verunsicherung. Innovation in Organisationen hat ja immer zwei Perspektiven:<br />
<strong>die</strong> Auflösung und <strong>die</strong> Neubildung institutioneller Grenzen, also<br />
<strong>die</strong> Grenzüberschreitung und <strong>die</strong> neue sachliche, zeitliche wie soziale Eingren<strong>zu</strong>ng<br />
(vgl. da<strong>zu</strong> auch Bechtle 1999; Kühl 2000).<br />
<strong>Von</strong> daher kann <strong>die</strong> Implementierung von Gender Mainstreaming auch<br />
als ein Lernprozess verstanden werden – in Anbetracht der verschiedenen,<br />
von Organisation <strong>zu</strong> Organisation unterschiedlichen Herausforderungen als<br />
ein Lernprozess mit offenem Ausgang.<br />
Die Schwierigkeit ist hier, dass sich in den Organisationen verschiedene<br />
Rationalitäten mischen, <strong>die</strong> in der Umset<strong>zu</strong>ng des geschlechterpolitischen<br />
Konzeptes besonders wirksam werden und folglich auch in der Analyse <strong>zu</strong><br />
berücksichtigen sind: „Nötig ist weiterhin ein komplexes Modell von Orga-<br />
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