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Von Leuten, die auszogen, Geschlechterverhältnisse zu verändern …

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Gender Mainstreaming in der Kinder- und Jugendhilfe<br />

der Implementierung nicht nur positive Veränderungen <strong>zu</strong> erwarten sind,<br />

sondern dass es in bestimmten Bereichen und für den einen oder anderen<br />

auch mit Verlust oder Einbußen verbunden sein kann. Der Geschäftsführer<br />

einer Bundesarbeitsgemeinschaft etwa betont, dass es nicht von Anfang an<br />

eine sogenannte Win-Win-Situation geben wird, bei der alle Beteiligten nur<br />

gewinnen können, sondern dass an manchen Punkten z.B. Männer Abstriche<br />

machen müssen. Aus eigener Erfahrung weiß er, wie schwierig <strong>die</strong>s ist:<br />

„Ich habe mich einmal beworben, und ... in einem Assessmentcenter hatten <strong>die</strong> Frau und<br />

ich <strong>die</strong> gleiche Punktezahl. Die Frau wurde genommen, weil <strong>die</strong> Vorstandsriege fünf<br />

Männer, zwei Frauen waren. Das hat mir nicht gefallen. Rein politisch und von der<br />

besseren Erkenntnis her und alles ... muss ich sagen: ‚Eine richtige Entscheidung, hätte<br />

ich nicht anders gefällt’, aber gefallen hat sie mir nicht. Und es war eine ganz klare Sache,<br />

dass ich da verloren hatte. Und ich denke, da müssen wir uns einfach auch mal rantrauen,<br />

<strong>zu</strong> sagen: ‚In der ersten Zeit ist das keine Win-win-Situation’ oder nicht automatisch<br />

und nicht zwingend, sondern da gibt es auch ganz klar Verluste, und <strong>die</strong> Verlustängste<br />

bei einzelnen Gruppierungen in den Chefetagen bei den Männern und in anderen<br />

Bereichen bei den Frauen sind durchaus real. Und da brauchen <strong>die</strong> auch oder brauchen<br />

wir auch ... Potzblitz, eine bestimmte Möglichkeit <strong>zu</strong> trauern und <strong>zu</strong> sagen: Ja gut ...<br />

wegen des besseren Wissens machen wir es, aber schön finde ich das nicht immer. Ich<br />

hätte <strong>die</strong> Stelle gerne gehabt.“<br />

„Wegen des besseren Wissens“ und „von der besseren Erkenntnis her“<br />

ist es also möglich, gleichstellungspolitisch begründete Entscheidungen <strong>zu</strong><br />

akzeptieren, auch wenn sie für einen selber Verzicht bedeuten. Es stellt sich<br />

jedoch <strong>die</strong> Frage, wie verbreitet <strong>die</strong>ses „bessere Wissen“ über Geschlechterverhältnisse<br />

ist und wie es gefördert werden kann. Besseres Wissen heißt im<br />

Hinblick auf Gender komplexes Wissen über <strong>die</strong> Struktur der Geschlechterverhältnisse,<br />

<strong>die</strong> vergeschlechtlichte Substruktur von und das Doing Gender<br />

in Organisationen. Eigentlich ist Genderkompetenz gemeint, <strong>die</strong> neben dem<br />

Wissen auch <strong>die</strong> Fähigkeit <strong>zu</strong> Reflexion und Selbstreflexion sowie <strong>die</strong> Bereitschaft<br />

umfasst, geschlechterpolitische Aktivitäten <strong>zu</strong> unterstützen.<br />

Die Frage nach den Geschlechterverhältnissen betrifft immer auch <strong>die</strong><br />

Machtfrage: „Wenn wir <strong>die</strong> interne Struktur bearbeiten, dann gibt es Widerstand,<br />

weil in der internen Struktur geht es um Macht. Wenn wir <strong>die</strong> Arbeitsfelder<br />

nach außen analysieren, da stelle ich wenig Widerstand fest, da ist<br />

es ein Arbeitsgebiet“, so exemplarisch <strong>die</strong> bereits oben zitierte Vertreterin<br />

eines kommunalen Trägers. Sie führt da<strong>zu</strong> folgendes Beispiel an: Für eine<br />

jährlich stattfindende Veranstaltung wurden seit Jahren hauptsächlich männliche<br />

Referenten engagiert. „Und ich habe es in den letzten zwei Jahren da<br />

so reingetragen, dass da ein Ungleichgewicht ist. Erst mal ist es abgelehnt<br />

worden, was <strong>zu</strong> verändern. Und plötzlich, heuer, viele Frauen. Und <strong>die</strong> betroffenen<br />

Männer, <strong>die</strong> das planen, berichten mir ganz stolz: ‚Dieses Mal<br />

haben wir extra drauf geachtet, <strong>zu</strong>erst war es eher <strong>zu</strong>fällig, aber jetzt haben<br />

wir das bewusst geplant.’ Kein Widerstand, da habe ich gemerkt, <strong>die</strong> Arbeit<br />

nach außen, im Arbeitsfeld, ist relativ leicht <strong>zu</strong> gendern. Da geht es um<br />

Fachlickeit. Aber <strong>die</strong> Arbeit nach innen, da geht es um Macht, und das ist<br />

sehr viel schwieriger.“<br />

Auch ein traditionell männlich besetzter ehrenamtlicher Vorstand eines<br />

großen Verbandes wird nicht unbedingt für Geschlechterparität votieren,<br />

um sich nicht <strong>die</strong> eigenen Posten <strong>zu</strong> rauben: „Das hat sicher was damit <strong>zu</strong> tun,<br />

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