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Bericht über die Unfallmedizinische Tagung in Mainz am - Deutsche ...

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Das BG-Gutachten – Worauf kommt es an?<br />

Rechtsanwendung bedarf sicherer tatsächlicher Grundlagen. Deswegen beauftragt § 20<br />

Sozialgesetzbuch X <strong>die</strong> Unfallversicherungsträger, den Sachverhalt von Amts wegen zu<br />

ermitteln. Sie haben dabei alle für den E<strong>in</strong>zelfall bedeuts<strong>am</strong>en, auch <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Beteiligten<br />

günstigen Umstände zu berücksichtigen. Die Behörde (und das s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Unfallversicherungsträger<br />

nun e<strong>in</strong>mal formal) muss also aktiv handeln und darf dabei auf ke<strong>in</strong>em Auge<br />

bl<strong>in</strong>d se<strong>in</strong>. Das Recht gibt dem Unfallversicherungsträger bei se<strong>in</strong>en Ermittlungen e<strong>in</strong>en<br />

weiten Spielraum <strong>in</strong> der Wahl der Beweismittel. Nach pflichtgemäßem Ermessen be<strong>die</strong>nt<br />

er sich der Beweismittel, <strong>die</strong> er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Der<br />

Kanon ist breit gefächert, er kann Auskünfte jeder Art e<strong>in</strong>holen, Beteiligte anhören, Zeugen<br />

und Sachverständige vernehmen oder deren schriftliche oder elektronische Äußerung e<strong>in</strong>holen,<br />

Urkunden und Akten beiziehen und den Augensche<strong>in</strong> e<strong>in</strong>nehmen.<br />

Aber <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Breite der Möglichkeiten der Ermittlung liegt auch gelegentlich e<strong>in</strong> Problem<br />

im Feststellungsverfahren. Es besteht <strong>die</strong> Gefahr, dass <strong>in</strong> der Sachbearbeitung nach dem<br />

Pr<strong>in</strong>zip verfahren wird:“ Viel nützt viel! Je mehr Unterlagen, <strong>Bericht</strong>e, Stellungnahmen und<br />

Gutachten ich habe, desto mehr Sicherheit habe ich auch für me<strong>in</strong>e Entscheidungen.“ Auswahl<br />

der Beweismittel nach pflichtgemäßem Ermessen bedeutet aber gerade <strong>die</strong> Abkehr<br />

vom „Jäger und S<strong>am</strong>mler“ zum zielgerichteten, im besten S<strong>in</strong>ne ökonomisch handelnden<br />

Ermittler, der sich genau <strong>über</strong>legt, welcher Weg der kürzeste zum Ziel ist. E<strong>in</strong>schränkung<br />

bedeutet dabei nicht unbed<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>en Qualitätsverlust, sondern lediglich <strong>die</strong> Abkehr von<br />

mechanischen Reaktionen. Ob nun e<strong>in</strong> (evtl. weiteres) Gutachten wirklich erforderlich ist<br />

und welchen Zwecken <strong>die</strong>ses genau <strong>die</strong>nen soll, ist <strong>in</strong> jedem E<strong>in</strong>zelfall präzise und kritisch<br />

zu prüfen. Kann <strong>die</strong> anstehende Frage aus dem Akten<strong>in</strong>halt heraus eigentlich schon beantwortet<br />

werden, ist Selbstbeschränkung und der Mut zur Entscheidung Pflicht. So mancher<br />

komplizierte Sachverhalt wird nicht dadurch klarer, dass er dem zweiten, dritten oder vierten<br />

Sachverständigen vorgelegt wird, soweit <strong>die</strong> Vorgutachten sich sauber an <strong>die</strong> tatsächlichen<br />

und rechtlichen „Spielregeln“ gehalten haben. Auch für begründete Zweifel und<br />

offene, nicht weiter zu klärende Fragen sieht das Recht Lösungswege z.B. <strong>über</strong> Beweislastregeln<br />

vor. E<strong>in</strong>en begründeten Rest an Unsicherheit zu ertragen, d<strong>am</strong>it muss <strong>die</strong> Sachbearbeitung<br />

oft leben.<br />

Neben dem „Jäger und S<strong>am</strong>mler“ gibt es (natürlich nur ganz selten) manchmal aber auch<br />

noch e<strong>in</strong>en anderen Typus von Sachbearbeiter: Die große Zahl hochqualifizierter und hochgeschätzter<br />

Sachbearbeiter<strong>in</strong>nen und Sachbearbeiter möge mir den Scherz verzeihen: Man<br />

könnte ihn als „Facharzt für Verwaltungsmediz<strong>in</strong>“ bezeichnen. Ohne mediz<strong>in</strong>isches Staatsex<strong>am</strong>en<br />

und Approbation, aber geprägt von z.T. jahrzehntelang anges<strong>am</strong>melter Erfahrung<br />

neigt <strong>die</strong>ser dazu, se<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ung an <strong>die</strong> Stelle der Äußerungen der fachmediz<strong>in</strong>ischen Gutachter<br />

zu setzen und <strong>die</strong>se gar nicht erst zu fragen oder den Versuch zu machen, <strong>die</strong>se nicht<br />

nur klärend zu befragen, sondern zu belehren. Hier gilt für <strong>die</strong> Sachbearbeitung: „Schuster<br />

bleib bei de<strong>in</strong>en Leisten!“ Verwaltungstechnischer oder -juristischer Sachverstand ist bei<br />

aller Erfahrung nicht naturwissenschaftlicher Sachverstand. Im Umgang mit den Gutachtern<br />

ist partnerschaftliche Kommunikation und Verständnis für <strong>die</strong> Reichweite der jeweiligen<br />

Fachkenntnis gefragt. Die Sprache und Denkweise des jeweils anderen Fachs besser begreifen<br />

zu lernen, deshalb s<strong>in</strong>d ja hier und heute Mediz<strong>in</strong>er und Verwaltungsfachleute <strong>in</strong> großer<br />

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