Bericht - Der Landtag von Sachsen-Anhalt
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Das Arbeitsfeld der stationären Hilfen weist in seinen Leistungsspektren – Mutter-Kind,<br />
Kinderdorfhäuser, heilpädagogische Einrichtungen, betreute Wohnformen, integrative<br />
Einrichtungen usw. – für den Zeitraum <strong>von</strong> 2004 bis 2007 unterschiedliche Entwicklungen<br />
aus.<br />
Die Anzahl der Kinderdorfhäuser als Einrichtungen ist im Zeitraum <strong>von</strong> 2004 bis 2007<br />
erheblich gesunken (um mehr als die Hälfte). Während die Kapazität an Platzzahlen in<br />
diesem Betreuungssetting um 28 Plätze im gleichen Zeitraum insgesamt zugenommen hat.<br />
Seit längerer Zeit war zu beobachten, dass junge Frauen und jugendliche Mütter bedingt<br />
durch Perspektivlosigkeit im Beruf und damit schlechterer gesellschaftlicher Etablierung als<br />
Motiv für einen Lebensinhalt einen „Kinderwunsch“ bzw. eine „Schwangerschaft“ anstrebten.<br />
Die Folge ist eine Erweiterung der Einrichtungen im <strong>Bericht</strong>szeitraum insgesamt um mehr als<br />
das Doppelte. Dies ist sicherlich auch im Zusammenhang mit der Debatte um § 8a SGB VIII<br />
„Schutzauftrag Kindeswohlgefährdung“ zu sehen.<br />
Die Jugendämter bewilligen verstärkt Hilfen im Bereich Mutter-Kind nach § 19 SGB VIII, um<br />
das Kindeswohl zu sichern.<br />
Im Bereich der Leistungsangebote nach § 32 Tagesgruppe SGB VIII wurde in den<br />
vergangenen Jahren eine Konkurrenz zwischen Ganztagsschule, Förderzentren und<br />
Tagesgruppen konstatiert. Offensichtlich ist der mancherorts vollzogenen Praxis, die<br />
erwähnten Betreuungsangebote aus Kostengründen vorzuziehen, nicht in dem Maße<br />
vollzogen worden. Ganztagsschulen und Förderzentren bieten eine ganztägige Betreuung.<br />
Das besondere an Tagesgruppen ist nicht, dass sie das auch bieten, sondern darüber<br />
hinaus eine aktive Einbeziehung der Familien und Eltern sowie des sozialen Umfeldes der<br />
Kinder. Hierin unterscheidet sich der Auftrag und die sozialpädagogische, heilpädagogische<br />
oder wie auch punktuell feststellbar, familientherapeutische Arbeit <strong>von</strong> Tagesgruppen<br />
erheblich.<br />
Tagesgruppen sind in einer sozialraumorientierten Kinder- und Jugendhilfe ein wesentliches<br />
Leistungsspektrum. Sie haben sich als feste Größe etabliert. Tagesgruppen haben einen<br />
Auftrag nach § 32 SGB VIII. Insofern unterscheidet sich die inhaltliche Arbeit und deren<br />
Methodik sowie die Arbeitsweise erheblich <strong>von</strong> der einer Ganztags- oder Förderschule.<br />
Das Leistungsspektrum der ambulanten Hilfen nach §§ 29 bis 31 SGB VIII zeigt eine weitere<br />
Differenzierung und Vielfalt an Leistungsmerkmalen. Im <strong>Bericht</strong> wird stringent darauf<br />
verwiesen, dass ambulante Hilfen zur Vermeidung stationärer Hilfen und/ oder im Anschluss<br />
an stationäre Hilfen gedeutet werden. Dies impliziert den Gedanken einer Spirale <strong>von</strong> sich<br />
verschärfenden Interventionsformen. Ambulante Hilfen sind im Kontext sozialraumorientierter<br />
Jugendhilfe angesiedelt und haben definierte Einsatzbereiche und dementsprechend<br />
Handlungsspielräume. <strong>Der</strong> Arbeitsbereich der sozialpädagogischen Familienhilfe weist ein<br />
sehr weites Spektrum an Tätigkeiten und fachlichen Unterschieden auf. In der Praxis wird die<br />
sogenannte SPFH zunehmend unter einem sogenannten „Zwangskontext“ eingesetzt. Das<br />
heißt, SPFH agiert nach der Prämisse „Kindeswohlgefährdung einzuschätzen und<br />
abzuwenden“, der Abwendung existentieller Bedrohungen – Zwangsräumung, Aufhebung<br />
<strong>von</strong> Sperren bei ARGEN, Stundung <strong>von</strong> Schulden bei Energieunternehmen usw. – und der<br />
„Hilfe zur Selbsthilfe“ bei Partnerschaftskonflikten, Überforderung in der Erziehung, Drogen-<br />
und Alkoholkonsum in Familien. Dieses Arbeitsfeld erfordert <strong>von</strong> den Fachkräften eine hohe<br />
Einsatzbereitschaft und Flexibilität. In kaum einem anderen Bereich der Kinder- und<br />
Jugendhilfe ist die Zunahme an therapeutischen Zusatzqualifikationen so feststellbar, wie in<br />
der SPFH. Die qualitativen Fachstandards wie Supervision, zunehmende therapeutische<br />
Zusatzausbildungen, Vor und Nachbereitung, sachliche Ausstattung der Hilfen mit Mobilfunk,<br />
PC usw., sowie eine Auslastung bezogen auf die Fachleistungsstunde bzw. den<br />
Personalschlüssel wird landesweit unterschiedlich gehandhabt. Dieses Arbeitsfeld bedarf<br />
dringend der Festschreibung <strong>von</strong> fachlichen Standards z.B. analog der Arbeitsgemeinschaft<br />
nach § 78 SGB VIII der Landeshauptstadt Magdeburg.<br />
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