Bericht - Der Landtag von Sachsen-Anhalt
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Misshandlung <strong>von</strong> Kindern (§ 225 StGB)<br />
Jahr 2004 2005 2006<br />
Erfasste Fälle 110 116 116<br />
Sexueller Missbrauch <strong>von</strong> Kindern (§ 176 StGB)<br />
Jahr 2004 2005 2006 2007<br />
Erfasste Fälle 431 421 386 384<br />
Die polizeilichen Fallzahlen weichen <strong>von</strong> denen der vorstehenden Darstellung der Anzeichen<br />
für Kindesmisshandlung und sexuellen Missbrauch ab, weil nicht in jedem Fall eine Inobhutnahme<br />
durch das Jugendamt erforderlich ist, etwa wenn sich andere Lösungen finden lassen<br />
oder der/die Jugendliche bereits volljährig ist, wenn die Tat zur Anzeige gebracht wird.<br />
Die Fälle insgesamt zeigen, dass es seit 2004 eine stetige Verringerung bzw. eine Stagnation<br />
der Fälle insgesamt gegeben hat, nicht jedoch bei den Inobhutnahmen. Eine weitere<br />
Senkung der Fälle ist jedoch angestrebt.<br />
5.4.2 Vernachlässigungen<br />
Die Vernachlässigung <strong>von</strong> Kindern ist, anders als der Eindruck nach den <strong>Bericht</strong>en in den<br />
Medien entstanden sein mag, kein „ostdeutsches“ Phänomen. Sie kommt in allen Bundesländern<br />
vor.<br />
Vernachlässigung stellt eine Besonderheit sowohl der körperlichen als auch der seelischen<br />
Misshandlung dar und ist Ausdruck einer stark beeinträchtigten Beziehung zwischen Eltern<br />
und Kind.<br />
„Vernachlässigung ist die andauernde oder wiederholte Unterlassung fürsorglichen Handelns<br />
durch sorgeverantwortliche Personen. Diese Unterlassung kann aktiv oder passiv, aufgrund<br />
unzureichender Einsicht oder unzureichendem Wissens erfolgen. Die durch Vernachlässigung<br />
bewirkte chronische Unterversorgung des Kindes durch die nachhaltige Nichtberücksichtigung,<br />
Missachtung oder Versagung seiner Lebensbedürfnisse hemmt, beeinträchtigt<br />
oder schädigt seine körperliche und seelische Entwicklung und kann zu gravierenden bleibenden<br />
Schäden oder gar zum Tode des Kindes führen. (Schone, Gintzel, Jordan, Kalscheuer<br />
& Münder, 1997).<br />
Unter körperlicher Vernachlässigung versteht man, „dass Kinder, die auf die Pflege, Ernährung,<br />
Beachtung ihres Schlaf-, Wach-, Ruherhythmus, den Körperkontakt, die gesundheitlichen<br />
Maßnahmen, die Aufsicht und den Schutz <strong>von</strong> ihren Eltern oder anderen Erwachsenen<br />
angewiesen sind, diese für ihr Überleben und Wohlergehen erforderlichen Maßnahmen nicht<br />
oder nicht ausreichend erfahren und dadurch beeinträchtigt oder geschädigt werden.“ (Frank/<br />
Räder 1994).<br />
Emotionale Vernachlässigung bedeutet, dass Eltern ihren Kindern durch Unterlassung das für<br />
eine gesunde emotionale Entwicklung notwendige Beziehungs- bzw. Familienklima vorenthalten.<br />
Oder Eltern vernachlässigen Kinder seelisch, indem sie ihnen Zuwendung, Liebe und<br />
Akzeptanz, Betreuung, Schutz und Förderung verweigern. (vgl. Franz/ Räder, 1994)<br />
Statistisch werden Fälle <strong>von</strong> Vernachlässigung sowohl bei der Registrierung <strong>von</strong> vorläufigen<br />
Schutzmaßnahmen der Jugendämter <strong>Sachsen</strong>- <strong>Anhalt</strong>s infolge <strong>von</strong> Vernachlässigung (Inobhutnahme<br />
nach § 42 SGB VIII) als auch im Rahmen der polizeilichen Kriminalstatistik erfasst.<br />
Eine Inobhutnahme ist nach § 42 SGB VIII die vorläufige Unterbringung <strong>von</strong> Kindern oder Jugendlichen<br />
durch das Jugendamt. Sie wird ausgelöst, wenn<br />
• ein Kind oder eine Jugendliche oder ein Jugendlicher sich selbst an das Jugendamt<br />
oder an eine andere Stelle außerhalb seiner Familie um Hilfe (Obhut) bittend wendet<br />
oder<br />
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