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Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk

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allein das Beste erwählen. Denn wie ein geringeres Übel eine Art Gut und ein geringes Gut eine<br />

Art Übel ist, wenn es ein größeres Gut verhindert, so hätte man Ursache, die Handlungen Gottes<br />

zu tadeln, wenn es ein Mittel gäbe, es besser zu machen.<br />

<strong>Und</strong> wie in der Mathematik ohne ein Maximum und Minimum, kurz ohne etwas bestimmt<br />

Unterschiedenes, alles gleichförmig verläuft, oder wenn dies nicht möglich ist, überhaupt nichts<br />

geschieht, so läßt sich dasselbe von der vollkommenen Weisheit sagen, die gleichen<br />

Regelmäßigkeiten untersteht wie die Mathematik: gäbe es nicht die beste aller möglichen Welten,<br />

dann hätte Gott überhaupt keine erschaffen. 'Welt' nenne ich hier die ganze Folge und das ganze<br />

Beieinander aller bestehenden Dinge, damit man nicht sagen kann, mehrere Welten könnten zu<br />

verschiedener Zeit und an verschiedenen Orten bestehen. Man muß sie insgesamt für eine Welt<br />

rechnen, oder, wie man will, für ein Universum. Erfüllte man jede Zeit und jeden Ort; es bleibt<br />

dennoch wahr, daß man sie auf unendlich viele Arten hätte erfüllen können und daß es unendlich<br />

viel mögliche Welten gibt, von denen Gott mit Notwendigkeit die beste erwählt hat, da er nichts<br />

ohne höchste Vernunft tut"(57;§ 8).<br />

Hier fällt auf, daß Voltaire in der Figur des Dr. Pangloss sogar Leibniz’ sprachlichen Ductus<br />

imitiert, was ungeachtet verschiedener Übersetzungen hindurchscheint. "Pangloss unterrichtete<br />

Metaphysiko - Theologo - Kosmolonigologie"(102;121).<br />

Er bewies, daß es keine Wirkung ohne Ursache geben konnte (vgl.102;121). "Es ist<br />

demonstrierbar,... daß die Dinge nicht anders sein können, als sie sind: denn da alle Dinge zu<br />

einem Ende gemacht sind, müssen sie notwendig zum besten Ende gemacht sein. Bemerke wohl,<br />

daß die Nase gemacht wurde, um eine Brille zu tragen; dazu haben wir Brillen. Die Beine sind<br />

sichtbar gemacht für Strümpfe, und deshalb haben wir Strümpfe. ..... Schweine wurden gemacht,<br />

um gegessen zu werden ... "(102;121f.). Es wird deutlich, daß hier die Diktion von Leibniz<br />

hindurchscheint.<br />

Die Schwierigkeit, Leibniz heute zu verstehen, beginnt mit den Eigenschaften, die man Gott im<br />

Widerspruch zu dem zweiten der Zehn Gebote 19 beigelegt hatte. Dies führt zu "notwendigen"<br />

Verhaltensweisen Gottes. Leibniz leitet die Existenz Gottes logisch her:<br />

"... Es muß ... der wahrhaft zureichende oder letzte Grund außerhalb der Folge oder der Folge -<br />

Reihen von mannigfaltigen Zufälligkeiten liegen, so unbegrenzt jener Zusammenhang auch sein<br />

mag. Somit muß der letzte Grund der Dinge in einer notwendigen Substanz liegen, in welcher das<br />

Mannigfaltige der Veränderungen lediglich 'eminenter', gleichwie in der Quelle enthalten ist.<br />

Diese Substanz nennen wir Gott" 20 (58;§§37,38).<br />

Der Vergleich mit der Mathematik (57;§8) befremdet besonders 21 , da das Leben in jeglicher Form<br />

sich mathematischer Aussagenlogik und damit auch Beweisführungen entzieht. Es entstehen<br />

19 "Du sollst dir kein Bildnis machen ....."(Ex.20,4)<br />

20vgl. 57;§ 7.<br />

21Zur Zeit des Barock war es allerdings üblich, die Mathematik zur Beschreibung<br />

lebendiger Zusammenhänge heranzuziehen, wie sich am Beispiel von Baruch de<br />

Spinozas Ethik zeigt. Schon bei dem Renaissance - Philosophen Heinrich Cornelius<br />

Agrippa von Nettesheim tauchen Zahlen auf, die Geistwesen beschreiben, allerdings

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