06.09.2013 Aufrufe

Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk

Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk

Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Der Vorwurf, die U (Unterhaltungs) - Musik bewege sich harmonisch im<br />

vorherigen Jahrhundert ist insofern gerechtfertigt, als die Beatles,<br />

besonders in ihrer Spätphase, gerne übermäßige und verminderte<br />

Akkorde verwendeten, die auch Wagners bevorzugte „moderne“ Klänge<br />

gewesen waren, wie auch der „Tristan - Akkord“, in dem eine sinnierende<br />

Fachliteratur gewiß die gestaltgewordene Verzweiflung der unglücklich<br />

Verliebten erblickt.<br />

Die Musik scheint durch die Abwesenheit eines Publikums so extravagant<br />

geworden zu sein. In der Kunst herrscht angeblich der Geschmack. Erst<br />

die Nachwelt wird zeigen, wer ein Künstler war 143 .<br />

Der Kynismus in der Literatur jedoch ist ein Faktum. Man begegnet ihm in<br />

aller guten Lektüre.<br />

V.2.2.3 Diogenes und die Bombe (Dr. Seltsam, Wargames u.a.)<br />

Es hat das Gedankenspiel mit dem Weltuntergang schon seit den 50er<br />

Jahren dieses Jahrhunderts etwas gleichsam frivol Dionysisches 144 . Da<br />

war z.B. der Film "<strong>Das</strong> letzte Ufer" mit Gregory Peck und Fred Astaire. Die<br />

letzten Überlebenden eines Atomkrieges befinden sich in Australien,<br />

bedroht vom langsamen Strahlentod. Ein Funksignal aus Nordamerika läßt<br />

letzte Hoffnungen aufkeimen, aber die nach New York entsandte U - Boot<br />

- Expedition muß feststellen, daß nur ein Windspiel sich in der Tastatur<br />

eines Morseapparates verfangen hat. Solche Vorstellungen, wie auch<br />

Horstmanns <strong>Untier</strong> sind ohne Zweifel mehr dionysisch als apollinisch<br />

(vgl.70;485), trotzdem ist Horstmanns Untergangsempfehlung, nimmt man<br />

sie ernst, nicht kynisch, sondern zynisch (vgl.92;35).<br />

Diogenes ist der Mensch ohne Mikroskop, Teleskop, Geigerzähler usw.,<br />

selbst für damalige Maßstäbe ein in Armut Lebender, entkleidet aller<br />

Hilfsmittel. Demgegenüber steht die Bombe, der "wahre Buddha des<br />

Westens"(92;258), ein Produkt der Hochtechnologie. Sie bedarf des<br />

Wartungspersonals, der Konstrukteure, der Versuchsapparaturen, der<br />

Zyklotrone, der Oszilloskope. Bedingung für die Existenz der Bombe ist<br />

eine gewaltige finanzielle Investition. Trotzdem ist Horstmann, wie er uns<br />

so erschreckt, auch ohne selbst zu darben, so wie Diogenes, dessen<br />

hintergründigen Humor er nur aktualisiert hat. Voraussetzung der<br />

Willensfreiheit ist die Möglichkeit, "NEIN" zu sagen. <strong>Das</strong> tut Horstmann<br />

ebenso wie Diogenes sehr gründlich.<br />

143 Sicher werden dazu die genialen beweglichen Maschinenplastiken von Tinguely und<br />

Jim Whiting gehören, sofern sich diese für die Nachwelt noch bewegen werden.<br />

144 Vgl.Kap.III.3.11.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!