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Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk

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zurückzukehren Erlösung bedeutet. Schopenhauer fordert apodiktisch, „daß wir besser nicht da<br />

wären“. Es wäre nicht nur wünschenswerter für ein einsichtsfähiges Wesen, nein, es ist so. Daraus<br />

werden Verhaltensanweisungen hergeleitet. Der den „schönen Schein blühenden Lebens<br />

durchschauende Weise“ soll für sich das Wollen verneinen. Kontemplation, Mitleiden mit der<br />

geschundenen Kreatur und Aufhebung des Individuationsprinzips sollen ihn beruhigen, Reduktion<br />

der kaleidoskopartigen Vielfalt auf das „Ding an sich“, den blinden Weltwillen. Die Folge ist, daß<br />

der Wille sich vom Leben abwendet und resigniert. Dennoch lehnt Schopenhauer den Selbstmord<br />

ab. Der Selbstmörder negiert „nur das Individuum, nie die Gattung, so daß der Wille zum Leben ...<br />

an sich ungestört ... bleibt“(40;50). Schopenhauers Ideal der Askese steht Horstmann kritisch<br />

gegenüber (vgl. die folgenden Anmerkungen zu diesem Kapitel). Nun folgt ein längeres<br />

Schopenhauer - Zitat, das seinen Ekel vor der Gewalt auf den Punkt bringt:<br />

"<strong>Und</strong> dieser Welt, diesem Tummelplatz gequälter und geängstigter Wesen, welche nur dadurch<br />

bestehn, daß eines das andere verzehrt, wo daher jedes reißende Thier das lebende Grab tausend<br />

anderer und seine Selbsterhaltung eine Kette von Martertoden ist, wo sodann mit der Erkenntniß<br />

die Fähigkeit Schmerz zu empfinden wächst, welche daher im Menschen ihren höchsten Grad<br />

erreicht und einen um so höheren, je intelligenter er ist, - dieser Welt hat man das System des<br />

Optimismus anpassen und sie uns als die beste unter den möglichen andemonstrieren wollen. Die<br />

Absurdität ist schreiend. - Inzwischen heißt ein Optimist mich die Augen öffnen und hineinsehn in<br />

die Welt, wie sie so schön sei, im Sonnenschein mit ihren Bergen, Thälern, Ströhmen, Pflanzen,<br />

Thieren u.s.f. - Aber ist denn die Welt ein Guckkasten? Zu sehn sind diese Dinge freilich schön;<br />

aber sie zu seyn ist ganz etwas Anderes" (86;754, zit. bei 40;46f.).<br />

III.3.8.1 Anmerkungen zu Horstmanns Schopenhauer - Interpretation<br />

Wenngleich Schopenhauer die Verneinung des Willens zum Leben empfiehlt, bezeichnet er dessen<br />

Bejahung doch als legitim und ist damit kein wirklicher Protagonist des <strong>Untier</strong>s. Schopenhauers<br />

Anleihen bei indischen religiösen Schriften bezeichnet Horstmann als "eher aufgesetzt und als<br />

Ausdruck uneingestandener philosophischer Ratlosigkeit"(40;50) und radikalisiert damit dessen<br />

anthropofugale Thesen.<br />

Tatsächlich wirken einige Stellen bei Schopenhauer wenig überzeugend, ohne expressis verbis von<br />

ewigem Leben und Wiedergeburt zu handeln."Aber wir wollen ja eben das Leben philosophisch,<br />

d.h. seinen Ideen nach betrachten, und da werden wir finden, daß weder der Wille, das Ding an<br />

sich in allen Erscheinungen, noch das Subjekt des Erkennens, der Zuschauer aller Erscheinungen,<br />

von Geburt und von Tod irgend berührt werden.(85;392)" und "...eben so knüpft Jeder die<br />

Gegenwart an seine Individualität und meint, mit dieser verlösche alle Gegenwart;...(85;399)"

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