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Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk

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schlechteste unter den möglichen sei. Denn Möglich heißt nicht was Einer etwan sich<br />

vorphantasieren mag, sondern was wirklich existiren und bestehn kann. Nun ist diese Welt so<br />

eingerichtet, wie sie seyn mußte, um mit genauer Noth bestehn zu können: wäre sie aber noch ein<br />

wenig schlechter, so könnte sie schon nicht mehr bestehn. Folglich ist eine schlechtere, da sie nicht<br />

bestehn könnte, gar nicht möglich, sie selbst also unter den möglichen die schlechteste. Denn nicht<br />

bloß wenn die Planeten mit den Köpfen gegen einander rennten, sondern auch wenn von den<br />

wirklich eintretenden Perturbationen ihres Laufes irgend eine, statt sich durch andere allmälig<br />

wieder auszugleichen, in der Zunahme beharrte, würde die Welt bald ihr Ende erreichen: die<br />

Astronomen wissen, von wie zufälligen Umständen, nämlich zumeist vom irrationalen Verhältniß<br />

der Umlaufzeiten zueinander, Dieses abhängt, und haben mühsam herausgerechnet, daß es immer<br />

noch gut abgehn wird, mithin die Welt so eben stehn und gehn kann"(86;757).<br />

Weiter sagte Schopenhauer, sei zu hoffen, daß das perpetuum mobile nicht zum stehen käme und<br />

erinnert uns damit an die Kontraktion des Universums bei Steven Hawking (38;58). Doch nun aus<br />

kosmogonischer Höhe zurück in die kleine Welt des Abbilds des Kosmos, des Menschen.<br />

So wie man sich damals 25 aus Mitleid mit der geschundenen Kreatur weigerte, weiter an Gott zu<br />

glauben, argumentiert Horstmann, daß der Glaube an den Menschen passé sei und "das <strong>Untier</strong>" aus<br />

Mitleid mit seinesgleichen und seinen Mitgeschöpfen die Pflicht habe, die Biosphäre zu<br />

vernichten. Aus Mitleid resultiert die Pflicht zur Selbstauslöschung, da nur so alles irdische Leiden<br />

beendet werden kann. Wegen des Mitleidens konnte kein gütiger Gott sein. Ebenso wie wir<br />

glauben, daß es keinen Gott gibt, weil wir es nicht wissen, könnten wir aber auch glauben, daß es<br />

ihn gibt, weil wir es nicht wissen. Bei Leibniz, Voltaire und Schopenhauer zeigen sich<br />

exemplarisch die Positionen des Optimismus, Meliorismus 26 und Pessimismus.<br />

Leibniz sah die "beste aller möglichen Welten" in der Gegenwart, während in Utopien, die beste<br />

aller möglichen Welten in der Zukunft angesiedelt wird. Platons Staat, das Neue Atlantis des<br />

Francis Bacon und Thomas Morus' Utopia sind die Urtypen solcher Projektionen des Besten in die<br />

Zukunft. Kant entwickelt einen solchen Vorschlag zur Lösung der Probleme der Menschengattung<br />

in seiner "Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht"(51;143-161). Ebenso<br />

ist der Punkt - Omega bei Teilhard de Chardin ein optimistischer Vorausblick in die fernste<br />

Zukunft.<br />

II.2: Der freie Wille bei Leibniz, Kant, Schopenhauer und Nietzsche<br />

Die Lehre vom freien Willen findet sich schon bei Augustinus. <strong>Das</strong> Wissen um das Gute ist bei<br />

ihm a priori. <strong>Das</strong> eigentliche Objekt des Willens ist das Gute, da jeder offensichtlich, zumindest<br />

für sich selbst, nur das Gute will. Die Ratio zielt auf das Wahre, die Voluntas auf das Gute. So ist<br />

25 Gemeint ist die Zeit Schopenhauers. Erst Ludwig Feuerbach zog dann die Konsequenz<br />

eigentlicher Asebie.<br />

26 Der Meliorist, wie er sich in Voltaire, als prominentem Vertreter dieser Meinung, zeigt,<br />

glaubt weder an das Optimum, noch an das Pessimum, sondern vielmehr an<br />

Verbesserungsmöglichkeiten. Jonas bezieht Stellung gegen diese Einstellung (44;79).

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