Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk
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daraufhin zu Molkepulver verarbeitet wurde, das in Müllzügen ein Jahr lang, bis zu seiner<br />
Vernichtung, kreuz und quer durch Europa gefahren wurde. Eigentlich sollte das Molkepulver in<br />
eine ahnungslose Dritte Welt verkauft werden, was offenbar durch die Breitenwirkung der<br />
Berichterstattung in den Medien vereitelt wurde. Hier denkt man an Machiavelli (vgl.40;29).<br />
Boris Jelzin, als Moskauer KP - Chef, erzählte selbst Anfang Mai auf Besuch in Berlin, der Brand<br />
sei gelöscht, man habe alles im Griff, während Michail Gorbatschow die Zahl der Betroffenen und<br />
Toten herunterspielte. Die Propagandamedien des Ostblocks zeigten zufriedene Evakuierte. In<br />
Ostberlin verfütterte man frischen verstrahlten Salat und Obst, die der Westen nicht zu kaufen<br />
bereit gewesen war, in den Kinderkrippen.<br />
Zum ersten mal sah man Produkte wie z.B. frische Pilze in Regalen oder auf den Märkten, sagte<br />
die damalige DDR - Physikerin Angela Merkel. Man hätte allerdings gewußt, daß die Produkte<br />
ungenießbar seien, wenn sie der Westen nicht gekauft hat. Radioaktives Jod greift bei Säugetieren<br />
die Schilddrüse an. Jodtabletten, die zum Schutz gegen Strahlenschäden, sowie zur Unterstützung<br />
der Schilddrüsenfunktion genommen werden, waren nach wenigen Tagen in allen deutschen<br />
Apotheken ausverkauft.<br />
Brennendes Graphit im Reaktorkern, das auf das Grundwasser durchzuschmelzen drohte, war bis<br />
Mitte Mai noch nicht gelöscht. Der geborstene Reaktorkern wurde schließlich mit Hubschraubern<br />
aus der Luft zubetoniert. Hier ist heute eine „erkaltete Lavaschicht“ aus 5000 Tonnen Beton, Sand,<br />
Blei und Borkarbid.<br />
Am Tag des Fallout in Deutschland gezeugte Kinder kamen mit genetischen Defekten zur Welt.<br />
Die Häufigkeit von Leukämie hat sich bis nach Deutschland hin fast verzehnfacht, andere<br />
Beschwerden, die durch Strahlenverseuchung ausgelöst werden, sind Kopfschmerzen,<br />
Schilddrüsenerkrankungen, sowie Aussetzen des Wachstums bei Jugendlichen. Bis heute leiden<br />
auch deutsche Kinder unter den Folgen der Reaktorkatastrophe.<br />
Noch mindestens hundert Jahre lang wird die Gegend um Tschernobyl zu hohe Strahlenwerte<br />
aufweisen, um unter sicheren Bedingungen neu besiedelt werden zu können. Die Stadt Slabutitsch<br />
wurde anstelle des verseuchten Prpjad als Siedlung für die heute noch in Tschernobyl<br />
beschäftigten Arbeiter 1986 errichtet. Ein kurz vor dem GAU 102 fertiggestellter Vergnügungspark<br />
in Prpjad, der noch nicht eingeweiht wurde, verstärkt die gespenstische Atmosphäre im<br />
verseuchten Gebiet.<br />
Wünschenswert wäre, daß man im Falle einer zweiten Reaktorkatastrophe aus den Fehlern der<br />
ersten gelernt hätte. Auch hat die Öffentlichkeit ein Recht darauf, realistisch informiert zu werden.<br />
In besonders stark verstrahlten Ländern wie der Türkei und Bulgarien wurde die Tatsache, daß ein<br />
russischer Atomreaktor eine Kernschmelze gehabt hatte, erst sehr spät bekannt, im Falle<br />
Bulgariens dauerte es mehrere Jahre.<br />
etwa zwei Drittel auf die „Tschernobylnuklide“ Cs 134 und Cs 137 zurückzuführen sind.<br />
4,6 Bq/l Strontium 90 aus überirdischen Kernwaffenversuchen kommen hinzu (vgl.9;A22).<br />
102 Größter anzunehmender Unfall