Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk
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<strong>Verantwortung</strong>“ löst er sich von der ökologischen Fragestellung, um<br />
ethische Probleme „an sich“ zu lösen, die im fünften Kapitel<br />
„<strong>Verantwortung</strong> heute: Gefährdete Zukunft und Fortschrittsgedanke“<br />
wieder auf den Zustand der organischen Welt appliziert werden. Im<br />
sechsten Teil des fünften Kapitels „Utopie und Fortschrittsgedanke“ kommt<br />
es zu der Idee, daß jedweder Ideologie zu folgen sei, sofern sie nur das<br />
Überleben der Menschheit als das, was sie ist, gewährleisten könnte. Am<br />
Beispiel der Sowjetideologie führt Jonas diesen Gedanken näher aus.<br />
Schließlich im sechsten und letzten Kapitel „Kritik der Utopie und die Ethik<br />
der <strong>Verantwortung</strong>“ kommt er zu dem Schluß, daß keine Utopie oder<br />
Ideologisierung zum Ziel führen kann, das ausschließlich durch<br />
illusionslosen Realismus 154 überhaupt erkennbar werden kann.<br />
Erwähnt werden muß noch das ebenfalls von Hans Jonas geschriebene<br />
Buch „Technik, Medizin und Ethik“, das im Untertitel „Zur Praxis des<br />
Prinzips <strong>Verantwortung</strong>“ heißt und gleichsam einen Supplementband zum<br />
„Prinzip <strong>Verantwortung</strong>“ darstellt. In den folgenden Ausführungen wird es<br />
ebenfalls öfters zitiert werden. Man verzeihe mir den gegen Ende des<br />
Kapitels zunehmend essayistischen Stil.<br />
VI.2.1 Ethische Grundsätze, Zweck und Mittel<br />
Um seine Forderungen nicht im luftleeren Raum stehen zu lassen,<br />
entfaltet Jonas, bevor er sie anwendet, zunächst die Gedanken, was Ethik<br />
war und was Ethik heute ist, was eine ethische Haltung für ihn ist und was<br />
wir vernünftigerweise als ethischen Minimalkonsensus akzeptieren<br />
müssen. „Alle traditionelle Ethik ist anthropozentrisch“(44;22). Damals<br />
wurde der Mensch in seinem Wesen als konstant betrachtet. Er war nicht<br />
Gegenstand möglicher Veränderung durch eine Kunstfertigkeit 155<br />
(vgl.44;22). „Wohl oder Übel ... war keine Sache entfernter Planung“(ebd.).<br />
Die Nähe der Ziele galt „für Zeit sowohl als Raum“(ebd.). Rechtes<br />
Verhalten hatte so unmittelbare Kriterien, fast unmittelbare Vollendung<br />
und bezog sich auf Objekte der unmittelbaren Nähe (vgl.44;23). Die Ethik<br />
der jenseitigen Vollendung fällt jedoch als mögliche Begründung einer<br />
Ethik für die Zukunft weg (vgl.44;39f.).<br />
„Warum die moderne Technik ein Gegenstand für die Ethik ist ... folgt aus<br />
der einfachen Tatsache, daß die Technik eine Ausübung menschlicher<br />
Macht ist, d.h. eine Form des Handelns, und alles menschliche Handeln<br />
154 Sloterdijk legt diesen interessanterweise dem Kyniker Diogenes bei.<br />
155 „Doch der Mensch selber ist unter die Objekte der Technik geraten“(44;47).