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Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk

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alles Sein in dem Maße, in dem es ist, gut und wahr. Was ist, ist auch gut, denn das Böse hat kein<br />

eigentliches Sein (vgl.56;69-71). Es zeichnet sich aus durch Abfall vom Guten und hat daher<br />

Mangel an Sein. 27<br />

Martin Buber spricht auch von einem Mangel an Sein der Götzenbilder im alten Israel (17;8f.).<br />

Leibniz baute auf diesen Gedanken des Augustinus auf. Auch andere Philosophen des Mittelalters<br />

haben eine starke Wirkung bis in die Barockzeit entfaltet. Anselm von Canterbury wirkte z.B.<br />

durch seinen rationalistischen Gottesbeweis besonders auf Descartes und natürlich auch auf<br />

Leibniz, der ja ebenfalls Rationalist war. Johannes Duns Scotus vertrat „die Lehre vom Vorrang<br />

des freien Willens gegenüber dem Intellekt“(56;87). Was vom ausgehenden Altertum bis ins<br />

Hochmittelalter hinein noch evident schien, nämlich der Beweis der Existenz Gottes und seiner<br />

Güte, wurde durch die hundert Jahre nach dem Barock einsetzende Aufklärung schon nicht mehr<br />

anerkannt. Die Philosophie wandte sich weg von der Spekulation über das Jenseits, hin zur<br />

Klärung des Diesseits. Der Aufklärer Kant postuliert den freien Willen als Grundlage aller<br />

Moralität:<br />

"Die Autonomie des Willens ist das alleinige Prinzip aller moralischen Gesetze und der ihnen<br />

gemäßen Pflichten"(49;46). Freiheit ist die formale Bedingung aller Maximen (vgl.49;46). Bei<br />

Schopenhauer will der freie Wille, der bei Augustinus das Gute, bei Leibniz das Beste, bei Kant<br />

die Tugend wollte (vgl.49;101), nur noch das Leben 28 (85;392). Nietzsche leugnet den freien<br />

Willen, und wenn nur noch alles oder nichts bleibt, „nichts ist wahr, alles ist erlaubt“ 29 , dann<br />

nimmt man eben alles: den Willen zur Macht, bei dem es sich ebenso wie bei Leibniz und Kant,<br />

vielleicht nicht bei Schopenhauer, um einen Sonderfall des von Augustinus gelehrten Willens zum<br />

Guten handelt. 30<br />

So lautet in Nietzsches Werk „Menschliches Allzumenschliches“ „Die Fabel von der intelligiblen<br />

Freiheit“:<br />

"... Man geht weiter und gibt das Prädikat gut oder böse nicht mehr dem einzelnen Motive,<br />

sondern dem ganzen Wesen eines Menschen, aus dem das Motiv, wie die Pflanze aus dem<br />

Erdreich herauswächst. So macht man der Reihe nach den Menschen für seine Wirkungen, dann<br />

für seine Handlungen, dann für seine Motive und endlich für sein Wesen verantwortlich. Nun<br />

entdeckt man schließlich, daß auch dieses Wesen nicht verantwortlich sein kann, insofern es ganz<br />

und gar notwendige Folge ist und aus den Elementen und Einflüssen vergangener und<br />

gegenwärtiger Dinge konkresziert: also daß der Mensch für nichts verantwortlich zu machen ist,<br />

weder für sein Wesen, noch für seine Motive, noch seine Handlungen, noch seine Wirkungen.<br />

Damit ist man zur Erkenntnis gelangt, daß die Geschichte der moralischen Empfindungen die<br />

27Ist also die Atombombe ein "positives Übel" und damit etwas , das es gar nicht geben<br />

dürfte?<br />

28 Auch bei dem Sponti - Philosophen Paul Williams heißt es: „Aller Wille basiert auf dem<br />

Willen zu überleben“(105;57).<br />

29 Vgl. VI.2.9.<br />

30 "Dilige et quod vis fac !" zeigt bei Augustinus eine Grundhaltung, die ebenso<br />

Willensethik, wie Liebesethik ist (vgl.56;71).

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