Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk
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Schild des Helden, seine Haltung ist die „wahre“ Imitation Christi, bis heute<br />
ein Mysterium. Zum Glück ist dies bereits umstritten 137 .<br />
Von je her glaubte man an eine Geschichte von zweifelhafter<br />
Authentizität 138 . Neue Erkenntnisse oder Behauptungen über das<br />
Christentum, die die Echtheit neutestamentlicher Texte infragestellen,<br />
wären in jedem anderen Jahrhundert des christlichen Abendlandes<br />
undenkbar gewesen. Inhaltliche Details zu diesem Komplex finden sich in<br />
der „Verschlußsache Jesus“, wo nicht die Philosophie, sondern die<br />
Theologie „mit dem Hammer“ bearbeitet wird 139 . Inzwischen wird dieses<br />
Buch allerdings als romanhafte Bearbeitung des Themas betrachtet, die<br />
einer genaueren wissenschaftlichen Untersuchung nicht standhält.<br />
Die Bedrohung mit der Hölle verhinderte bis heute die Genese einer Ethik,<br />
die sich als rationale Abwägung der Gründe des Handelns versteht. Dieser<br />
Aberglaube, den man ohne den geringsten Zweifel ohne<br />
Anführungsstriche schreiben kann, verhindert bis heute eine Übereinkunft<br />
über ethische Ziele, sowohl bei den Gläubigen verschiedener Religionen,<br />
als auch im Dialog der Religionen mit dem Atheismus.<br />
Auch die bildende Kunst bewegt sich bereits in anderen Gefilden.<br />
Während bei den Meistern des niederländischen Barock sich noch<br />
unverhohlene neokynische Lebensfreude erkennen läßt, etwa auf den<br />
Genrebildern, die Menschen im lustvollen Lebensvollzug zeigen 140 , hat die<br />
postexpressionistische Moderne einen Weg eingeschlagen, der zwar den<br />
Eingeweihten lachen, den Unbedarften jedoch verwirrt stehen läßt. Diese<br />
Kunst, angefangen mit der „Quelle“ des Marcel Duchamp, die nur aus<br />
137 Vgl. die These des jüdischen Religionswissenschaftlers Shalom Ben Chorin, Jesus<br />
sei vermutlich verheiratet gewesen. Der Versuch, den Christus zu imitieren, würde so<br />
eine völlig neue Wendung erhalten.<br />
138 Dabei traten Verzerrungen der Botschaft im Fahrwasser der Exegese auf. Ein den<br />
Theologen bekanntes Beispiel ist „das sogenannte ‘Komma Johanneum’, bekanntlich<br />
eine Fälschung der nordafrikanischen Kirche“ in Epistula Ioannis I. Da heißt es in Kapitel<br />
5, Vers 7 und 8: „Drei sind es, die Zeugnis ablegen im Himmel: Der Vater, das Wort (d.i.<br />
der Sohn) und der heilige Geist“. Ursprünglich hatte es hier geheißen: „Drei legen<br />
Zeugnis ab, Geist, Wasser und Blut, und die drei sind in einem“(vgl.19;9).<br />
139 Von den gleichen Autoren ist auch das Werk „The Holy Blood and the Holy Grail“(7).<br />
Unter anderem wird behauptet, Jesus sei mit Maria Magdalena verheiratet gewesen, die<br />
beiden hätten einen Sohn gehabt, mit dem sie nach Frankreich geflohen seien. Dieser<br />
Sohn habe dort die Dynastie der Merowinger begründet. Sei dies nun blühendes<br />
Seemannsgarn oder cum grano salis zu nehmen, interessant ist hier der Zweifel an<br />
biblischer Überlieferung.<br />
140 Beispiele sind: Adriaen van Ostade: Ausgelassene Bauern in einer Schenke, um<br />
1635 (München, Alte Pinakothek), David Teniers d.J.: <strong>Das</strong> Dreikönigsfest, um 1634 -<br />
1640 (Madrid, Museo del Prado), Jan Steen: Verkehrte Welt, um 1660<br />
(Wien, Kunsthistorisches Museum) und Gabriel Metsu: <strong>Das</strong> Bohnenfest, um 1650 - 1655<br />
(München, Alte Pinakothek). Für die Bilder vgl.Bauer, Hermann: Niederländischer Barock<br />
von Rubens bis Vermeer. Zürich o.J., S. 65, 71, 76.