Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk
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unter dem Eindruck des Zeitgeschehens, aber auch bewußt als Selbstbetrachtungen entstanden.<br />
Wenn man Montaigne z.B. hier zitiert: „Der Tod, wenn wir jene Unwirklichkeit so nennen wollen,<br />
ist das Furchtbarste, und das Tote festzuhalten, das, was die größte Kraft erfordert. Die kraftlose<br />
Schönheit haßt den Verstand, weil er ihr dies zumutet, was sie nicht vermag. Aber nicht das<br />
Leben, das sich vor dem Tode scheut und von der Verwüstung rein bewahrt, sondern das ihn<br />
erträgt und in ihm sich erhält, ist das Leben des Geistes“(37;28), zeigt sich zwar ein düsteres, aber<br />
doch ein Festhalten am Leben, das den Tod als Bedingung des eigenen Seins in seiner Mitte<br />
begreift und akzeptiert. Diese Attitüde zum Tod bejaht das Leben, statt es zu verneinen. So<br />
verdreht Horstmann, wie schon zuvor bemerkt, Intentionen. Philosophen, die ihrer<br />
Unzufriedenheit mit Not und Krieg Luft machen wollten, werden zu Gewährsleuten der<br />
Vernichtung gemacht. Trotz der nachweisbaren gedanklichen Verbindung des einen mit dem<br />
anderen, wird Francis Bacon gelobt und Wilhelm von Ockham getadelt. Auch Ockham war ein<br />
Gegner der Täuschung, allen voran der Selbsttäuschung, Glauben und Wissen schied er<br />
voneinander, und der Satz „Wissen ist Macht“ stammt vielleicht nur deshalb nicht von Ockham,<br />
weil es den gelehrten Mönch nicht interessierte, Macht zu haben 61<br />
So geißelt Horstmann die gedanklichen Voraussetzungen für den technologischen Fortschritt, die<br />
noch innerhalb der Kirche gediehen, lobt aber gleich darauf den, der daraus Nägel mit Köpfen<br />
machte. Er spricht sich weiter vorne gegen Plato aus, schiebt ihm sogar den Homo - Mensura -<br />
Satz in die Schuhe, um dann plötzlich gegen die Nominalisten mit Platos Standpunkt zu<br />
liebäugeln.<br />
Auch die Interpretation der idola tribus als „Vorurteile, die dem gesamten Menschengeschlecht<br />
gemeinsam sind“, ist zweifelhaft. Näher liegt die Vermutung, daß Bacon ethnozentristische<br />
Gesinnung damit meinte 62 .<br />
III.3.6 Leibniz<br />
Sosehr Leibniz Achtung für seine Gelehrsamkeit gebührt, besonders die geniale Monadologie wird<br />
hervorgehoben, sowenig ist ihm doch der offenbare zerebrale Lapsus seines Optimismus zu<br />
verzeihen, der unübersehbar in seiner Theodizee zum Vorschein kommt. Kurz vor Ende des 30 -<br />
jährigen Krieges geboren, in einer Welt voller Krüppel und Bettler also, sinniert Leibniz von der<br />
„besten aller möglichen Welten“, womit er ebenso seine Menschenverachtung zugunsten Gottes,<br />
des Schöpfers einer giftverseuchten Schlangengrube, als auch seinen eigenen völligen<br />
Realitätsverlust beweist 63 . Voltaires geniales Gelächter in seinem Candide war eine zwingend<br />
notwendige Reaktion hierauf.<br />
61 Warum sonst hätte er es sich angetan, unorthodoxe Lehrsätze zu verfassen ?!<br />
62 Beim zweiten Hinsehen fragt man sich allerdings, ob nicht alle Menschen<br />
ethnozentrisch denken. Aber auch dagegen gibt es Beispiele, wie die<br />
nordamerikanischen Hopi - Indianer, die auch an das Weltganze denken, was sich bei<br />
der Begegnung des vorigen tibetischen Lama Karmapa mit den Hopi zeigte. Auch die von<br />
Hitler entwurzelten Deutschen sind ein solches Beispiel.<br />
63 Vgl. Kap. II.1 der vorliegenden Arbeit.