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Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk

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Moderne, z.B. diejenigen der Gentechnologie, analogisiert 50 und andererseits auch die bei<br />

Horstmann so stark betonte Anthropofugalität aufweist.<br />

III.3.2 Verlust des (den Mythen noch eignenden) Anthropofugalen in der<br />

griechischen Philosophie, der Homo mensura Satz der Sophisten<br />

"Man kann sich die Radikalität des Bruchs zwischen mythisch - anthropofugaler<br />

Weltwahrnehmung und dem hellenistischen Anthropozentrismus nicht klar genug vor Augen<br />

führen, wenn man zu begreifen sucht, warum die Formulierung einer Philosophie der<br />

Menschenflucht bis auf den heutigen Tag ein so ungemein schwieriges Unterfangen geblieben ist.<br />

<strong>Das</strong> gesamte philosophische Instrumentarium ist nämlich nach wie vor gleichsam imprägniert vom<br />

Gattungsnarzismus der Antike, von der euphorisierenden Entdeckung, daß das ausgestoßene<br />

<strong>Untier</strong>, das vogelfreie Mängelwesen, sich zum intellektuellen Usurpator aufschwingen kann, der<br />

seine Welt zu ‘erklären’ vermag und sich als Erklärender und über seine Erklärungen in ihrem<br />

Zentrum inthronisiert"(40;14).<br />

In der Antike kam die Wende zum Menschen als "Maß aller Dinge" und zur Philosophie anstelle<br />

der Mythen. Dies bedeutet auch eine Abwendung von der Symbolsprache der Mythen 51 , hin zur<br />

Suche nach formulierbarer Wahrheit. Horstmann schildert nun den weiteren historischen Verlauf<br />

der prometheischen Weltinbesitznahme: "An die Stelle des Urmythos treten<br />

Stabilisierungsmythen, die den Status quo sichern, und Anspruchsmythen, die zu seiner<br />

Überschreitung auffordern"(40;15).<br />

"Die Ordnungsstrukturen des Universums wurden identisch mit denen der philosophischen<br />

Reflexion, das Himmelsgewölbe über der ptolemäischen Erdscheibe schrumpfte zum Dach eines<br />

platonischen Philosophenschädels"(ebd.). Der "Projektionscharakter personaler<br />

Gottesvorstellungen" und damit die Anpassung von allem an das vom Menschen Denkbare,<br />

letzlich eine Anpassung an die menschliche Form, zeigt sich bei Xenophanes: "Wenn Kühe,<br />

Pferde oder Löwen Hände hätten und damit malen und Werke wie die Menschen schaffen<br />

könnten, dann würden die Pferde pferde-, die Kühe kuhähnliche Götterbilder malen und solche<br />

Gestalten schaffen, wie sie selber haben"(ebd.).<br />

"Der Homo - mensura - Satz im sokratischen Verständnis ist ... die eigentliche philosophische<br />

Gegenthese zur Anthropofugalität des Mythos..."(40;16). Horstmann beklagt nun den Übergang<br />

vom μυϑος zum λογος 52 bei Platon, da mit der Verstehbarkeit der Welt auch der Optimismus<br />

50 Der Mythos spricht generell durch die Analogie zum Menschen.<br />

51 So enthält der Mensch, der laut Gen.1 aus Erde gemacht ist, tatsächlich dieselben<br />

Bestandteile, Aminosäuren, Wasser und Mineralien, wie der Boden, will sagen, daß in der<br />

Symbolsprache der Mythen oft Wahrheiten enthalten sind, die wir erst jetzt unter<br />

Zuhilfenahme moderner Technik verifizieren können.<br />

52 Beide Begriffe bedeuteten ursprünglich "Wort". "Mythos" erhielt in Platos Zeit immer<br />

mehr die Bedeutung "Märchen", während "Logos", was auch "Richtigkeit" heißt, die<br />

ursprüngliche Bedeutung nun allein besetzte.

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