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Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk

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einem handsignierten Männerpissoir bestand, über die Fotographie einer<br />

Frau des Man Ray, auf deren Rückseite die F - Löcher einer Geige, bzw.<br />

eines Cellos zu sehen waren, die sich bis zu den Extravaganzen des<br />

Joseph Beuys erstreckte, ist ein fortwährender Aufschrei gegen gewohnte<br />

Denkmuster. Salvadore Dali, vertraut mit Halluzinogenen, befand sich in<br />

dauernder Selbst - Psychoanalyse. So entstand seine „paranoisch -<br />

kritische Methode“. Außer seinen Bildern, einigen Filmen und einem<br />

Roman hinterließ er der Nachwelt auch die angeklebten Fingernägel.<br />

Dem der diese Kunst versteht, bleibt zumeist die subtile Symbolik der<br />

Kunst des Mittelalters und der Neuzeit verschlossen, die dadurch, daß sie<br />

sich das Christentum zum Fundament nahm, ohnehin bald nicht mehr<br />

außerhalb von Expertenkreisen rezipierbar sein wird.<br />

Hier sei nicht einer Kultur der Oberfläche das Wort geredet. Gewiß<br />

enthalten Verbildlichungen christlicher Inhalte Stoff zu langem<br />

Nachdenken, wenngleich sie dem alttestamentlichen Gebot der<br />

Nichtabbildung zuwiderhandeln. Die Botschaft der dadaistischen Kunst,<br />

diese ist eine besonders reine Form des Neokynismus, ist jedoch die<br />

unbekümmerte Perzeption der Vergangenheit, bis hin zu der<br />

unbekümmerten Überschreibung der Vergangenheit, denn das ist das<br />

Readymade des Marcel Duchamp, das er auf einer Reproduktion der<br />

Mona Lisa verfertigt hat, gewiß, während die kynischen Anwandlungen<br />

des Leonardo sich, aufgrund der staatlich - kirchlichen Strenge, die seine<br />

Zeit kennzeichnete, ganz auf das Privatleben beschränkten.<br />

In dem philosophischen Roman „Rotwang oder die irre Präzision der<br />

Träume“ wurde die Verzweiflung über die Dominanz der Vergangenheit in<br />

der Kunst für einen jungen Künstler gar so bedrückend, daß er seine Lage<br />

wie folgt beschrieb: Er „fühlte sich im Würgegriff der Vergangenheit. Er<br />

hielt sich für einen Künstler ohne Kunst. Die Künstler der Vergangenheit<br />

hatten jede erdenkliche künstlerische Ausdrucksweise aufgebraucht und<br />

hatten ihm nichts übriggelassen“(39;43). Schließlich wagte er die Flucht<br />

nach vorne: „Er arbeitete Tag und Nacht und füllte über 3000 Sprühdosen<br />

mit dieser Chemikalie, die er KS - Gas nannte. Kultur - Sabotage - Gas. Er<br />

unternahm eine Reihe kühner Streifzüge durch Kunstmuseen, am<br />

hellichten Tage. Verschiedene dieser Sprühdosen wurden an Freunde in<br />

Europa, Afrika, Südamerika und in der ganzen Welt verschickt, damit auch<br />

dort das Geschäft lief. Bald begannen sich Meisterwerke aller Art<br />

aufzulösen“(39;42).

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