Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk
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moralischer Prüfung ausgesetzt ist“(45;42). Trotzdem hat die Ethik in der<br />
heutigen Zeit, bedingt durch verschiedene neuere geistige Strömungen,<br />
einen schweren Stand, denn in der Moderne wurde die „Idee von Norm als<br />
solcher zerstört“(44;57). „Nun zittern wir in der Nacktheit eines<br />
Nihilismus 156 , in der größte Macht sich mit größter Leere paart, größtes<br />
Können mit geringstem Wissen davon, wozu“(ebd.). Auch diese These<br />
wird in „Technik, Medizin und Ethik“ näher ausgeführt: „Es ist ... eine<br />
Binsenwahrheit, daß ein und dieselbe Macht sich zum Guten wie zum<br />
Bösen benutzen läßt und man bei ihrer Ausübung ethische Normen<br />
beachten oder verletzen kann. Die Technik, als enorm gesteigerte<br />
menschliche Macht, fällt eindeutig unter diese generelle Wahrheit“(45;42).<br />
Von „den neuen technologischen Handlungsvermögen des<br />
Menschen“(44;58) geht, da überall schon gehandelt wird, ein Druck aus,<br />
nach Neuem in der Ethik zu suchen (vgl.44;58) 157 . Nie zuvor konnte der<br />
Mensch so folgenreich handeln und war dabei doch gleichzeitig so<br />
unwissend über das „Wozu“.<br />
In dem Kapitel „Über Zwecke und ihre Stellung im Sein“ schreibt Jonas:<br />
„Ein Zweck ist das, um dessentwillen eine Sache existiert und zu dessen<br />
Herbeiführung oder Erhaltung ein Vorgang stattfindet oder eine Handlung<br />
unternommen wird. Er antwortet auf die Frage ‘Wozu?’(44;105) 158 “. Der<br />
Zweck liegt nicht im Ding selbst, sondern in der von demjenigen<br />
Menschen verfolgten Absicht, der sich dazu des Werkzeugs bedient<br />
(vgl.44;114): „Dies ist so bei allen leblosen Geräten: der ihnen als<br />
Kunstprodukten wesentliche Zweck ist doch nicht der ihre; ihrer totalen<br />
Zweckhaftigkeit ungeachtet - oder gerade wegen ihrer - sind sie eigener<br />
Zwecke bar“(44;108). Der Begriff geht also der Sache voraus. „In<br />
konventioneller Technik ist der Zweck - auch der sonstwie fragwürdigste -<br />
stets durch irgendeinen Nutzen definiert. Keine technische Konstruktion ist<br />
ihr eigener Zweck“(45;169).<br />
Menschen sind „zweckwollende Wesen“(44;109), die z.B. in einem<br />
Gerichtshof einem gemeinsam verfolgten Zweck dienen. Anders als bei<br />
Dingen liefert der Zweck aber bei einem Werkzeug, das sich aus<br />
156 „Wo der Nihilismus zum normalen Zustande wird, bleibt dem einzelnen nur noch die<br />
Wahl zwischen Arten des Unrechtes“(46;22).<br />
157 Die von Nietzsche propagierte „Umwertung aller Werte“(68;466) findet tatsächlich<br />
statt. Wie soetwas vor sich geht, ist Gegenstand der Soziologie. <strong>Das</strong> Kapitel<br />
„Wertwandel“ in dem Buch „Soziales Handeln und soziale Normen“ von Alfred Bellebaum<br />
(vgl.11;85f.) befaßt sich mit dem Thema.<br />
158 Dieser Gedanke findet sich als „Lehre von den Zweckursachen“ in ähnlicher Form in<br />
der Psychologie des Aristoteles.