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Das Untier Und Seine Verantwortung - Kritisches Netzwerk

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ebenso bei der vergnüglichen Schilderung, warum wir, um barmherzig zu sein alles, was andere<br />

tun oder sagen „im bestmöglichen Sinne deuten“ müssen: „Der Grund hierfür ist, daß wir<br />

unsererseits wünschen, man möchte im einen Falle unseren Geiz als Sparsamkeit auslegen und im<br />

anderen Falle uns als Frömmigkeit auslegen, was uns selbst als bloße Heuchelei bewußt ist“. Jean -<br />

Jaques Rousseau bezieht in seinem „Diskurs über die Ungleichheit“ Stellung gegen Mandeville,<br />

den er den „überspannteste(n) Herabsetzer der menschlichen Tugenden“(53;66) nennt. Weiter<br />

nennt Rousseau die Macht des natürlichen Mitleids „die reine Regung der Natur, die jeder<br />

Reflexion vorausliegt“(53;67). Kant spricht von „einer gewissen Weichmüthigkeit“ in seinen<br />

„Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen“ von 1764. Diese „gutartige<br />

Leidenschaft“ sei jederzeit „schwach und ... blind“(53;90). „Denn es ist nicht möglich, daß unser<br />

Busen für jedes Menschen Antheil von Zärtlichkeit auffschwelle und bei jeder fremden Noth in<br />

Wehmuth schwimme, sonst würde der Tugendhafte, unaufhörlich in mitleidigen Thränen wie<br />

Heraklit schmelzend, bei aller dieser Gutherzigkeit gleichwohl nichts weiter als ein weichmüthiger<br />

Müßiggänger werden“(53;91).<br />

Arthur Schopenhauer nennt das Mitleid, in schamloser Übereinstimmung mit Buddha, in seinem<br />

1841 verfaßten Text „Über die Grundlage der Moral“ die „allein ächte moralische<br />

Triebfeder“(53;106), während Friedrich Nietzsche, dem inneren Zwang, seinen einst so<br />

geschätzten Vorgänger zu vernichten, gehorchend, alle Schattenseiten des Mitleids beleuchtet (vgl.<br />

73;§§131-148u.53;119-136). Max Scheler weist darauf hin, daß auch die Mitfreude ein Mitgefühl<br />

sei (vgl.53;147f.).<br />

Bei Horstmann schließlich wird das Mitleid als Mordwaffe instrumentalisiert, vor allem in<br />

Anlehnung an Schopenhauer, wobei aber jedem einleuchten dürfte, daß es sich bei dem Impuls,<br />

die Erdoberfläche in die Luft zu sprengen, kaum um eine „echte moralische Triebfeder“ handeln<br />

dürfte.<br />

IV. Zweiter Exkurs: Die Atombombe<br />

In unserer Zeit sind die Rüstungsmaschinerien, ebenso wie das individuelle Bedürfnis, nach Sinn<br />

im Leben, stark ausgeprägt.<br />

" Zu Ende des Zweiten Weltkrieges reichten die Waffenpotentiale der Welt knapp zu einer<br />

mehrmaligen Auslöschung jedes Erdenbürgers"(92;253). Die Einstellung zu der Option der<br />

eigenen Auslöschung, bzw. "Sterilisierung des Planeten", ist keineswegs rein politisch,<br />

pragmatisch, oder rational. Der Künstler John Heartfield kommentierte 1934 mit einer<br />

Fotomontage den Rüstungswahn seiner Zeit so: "Chor der Rüstungsindustrie:'Ein feste Burg ist<br />

unser Genf'"(vgl.92;257). Vergleiche aus der Welt der Mythen, bzw. der Religion drängen sich uns<br />

auf, angesichts der Chance "mehrfach" vernichtet zu werden.<br />

"Die Atombombe ist der wirkliche Buddha des Westens, eine perfekte, losgelöste, souveräne<br />

Apparatur"(92;258). Tatsächlich ist sie gefährlich genug, um die ungeteilte Aufmerksamkeit aller<br />

zu erregen, sie braucht ständige Wartung, wenn man nicht zufällige Verseuchungen, oder gar

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