Forum Färberpflanzen 2001 - ADAM - Leonardo da Vinci Projects ...
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Naturfärberei in der Türkei - Potential und Perspektiven<br />
Vom vielfältigen Textilhandwerk ist nur noch <strong>da</strong>s Weben von Kelims<br />
und Teppichen im Verlagssystem übriggeblieben, bei der im Gegensatz<br />
zu den echten Dorfteppichen der „alten Zeit“ die Weberinnen nach vorgefertigten<br />
Designs Knoten für Knoten arbeiten. Die gesamte Ästhetik<br />
traditionell orientalischer Textilien basierte auf der harmonischen Verwendung<br />
äußerst gesättigter Naturfarben – nur diese sind hinreichend<br />
echt. Ein Kelim oder Teppich repräsentiert so viel „geronnene Arbeitszeit“,<br />
<strong>da</strong>ß er auch <strong>da</strong>nn als hochwertiges langlebiges Gebrauchstextil gelten<br />
muß, wenn die Arbeitsöhne im Verhältnis zum Westen sehr gering<br />
sind.<br />
Die Verwendung von synthetischen Farben mit ihrer überwiegend<br />
geringeren (!) Echtheit ab Ende des 19. Jahrhunderts stellte <strong>da</strong>s Farbbild<br />
der traditionellen Textilien sozusagen auf den Kopf. Wir können von<br />
einem ästhetischen Fiasko sprechen. Dementsprechend ging die Bedeutung<br />
dieses Teils des Textilsektors immer weiter zurück, denn mit dem<br />
Wert der Teppiche tauchten auch die Preise ab.<br />
Anfang der achtziger Jahre haben nun drei deutsche Lehrer, unabhängig<br />
voneinander 1 , nicht geplant, den Versuch unternommen, Naturfarben<br />
wiedereinzuführen. Die Motivation <strong>da</strong>für war eine ästhetische, keine<br />
ökologische! Der Erfolg dieser Innovation war enorm, freilich indirekt.<br />
Diese Projekte waren durchweg wirtschaftlich keine „Renner“, wurden<br />
aber sogleich kopiert. Da <strong>da</strong>s know how fehlte, hat man schnell und findig<br />
geeignete Hobbyfärbeliteratur aus dem Westen hereingebracht und<br />
fing an, ohne es so recht gelernt zu haben, „naturgefärbte“ Teppiche und<br />
Kelims zu produzieren.<br />
Nur hier werden zur Zeit Naturfarben angewendet. Der Verbrauch an<br />
Färbepflanzen <strong>da</strong>für ist aber enorm, zumindest im Vergleich zu dem der<br />
westlichen Länder.<br />
Bei uns gibt es Naturfarben in winzigem Rahmen im Bereich von Projekten,<br />
die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, oder im Hobbybe-<br />
1 In Nordwestanatolien Manfred Bieber aus Würzburg. Mit einem Verbundprojekt<br />
zwischen der Marmara- Universität Istanbul und Dörfern in Nordwestanatolien, als<br />
DOBAG bekannt geworden, konnte Harald Böhmer die Anfangsförderung durch<br />
die GTZ/CIM erreichen. Bis heute arbeiten türkische Beamte an diesem Projekt mit.<br />
Wir haben Anfang der achtziger Jahre im Privatsektor in Konya mit der Naturfärberei<br />
angefangen. 1992 starte <strong>da</strong>nn KÖK als CIM-gefördertes Projekt in Karaman.<br />
Im Rahmen der Selcuk Universität Konya sollte es um Qualitätskontrolle und<br />
-sicherung gehen sowie um eine Ausbildung zum Färber.<br />
Gülzow, 30. November 1995 63