Gutachten - Sachsen-Anhalt
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höheren Schlüsselzuweisungen oder steuerkraftunabhängigen Zuweisungen nicht<br />
die durchschnittlich notwendigen Kosten aus den Sonderbedarfen überschreiten.<br />
Insbesondere im Bereich der Sozialleistungen wäre es nämlich völlig kontraproduktiv,<br />
wenn die Gemeinden ein finanzielles Interesse an einer möglichst großen Zahl<br />
von Fällen hätten. Dies gilt vor allem dann, wenn die Bedarfsindikatoren so definiert<br />
werden, dass die Gemeinden (entgegen der ersten Grundregel) in der Lage sind, die<br />
Zahl der zugrunde gelegten Fälle maßgeblich mit zu steuern.<br />
Mit der Forderung nach einer Begrenzung der Bedarfsansätze auf die „durchschnittlich<br />
notwendigen Kosten“ wird implizit die dritte Regel angesprochen, dass nämlich<br />
möglichst nicht die tatsächlichen Kosten der einzelnen Gemeinden anerkannt werden,<br />
sondern nur Durchschnittswerte in Form von Sollkosten, d.h. normierte bzw.<br />
pauschalierte Ansätze verwendet werden sollten. Dadurch verbleiben nämlich für die<br />
einzelnen Gemeinden entsprechende Anreize zur Kostensenkung.<br />
Im Übrigen müsste ein Bedarfsansatz (auch in der Form normierter Beträge), der<br />
systematisch dazu führt, dass die zusätzlich erreichbaren Zuweisungen höher als die<br />
Kosten ausfallen, als eindeutiger Verstoß gegen das verfassungsrechtlich begründbare<br />
Verbot einer Übernivellierung angesehen werden.<br />
Fasst man die hier dargestellten Regeln in Form eines Prüfrasters zusammen, ergeben<br />
sich die folgenden Prüffragen:<br />
1. Ist der Sonderbedarf exogen verursacht und hinreichend begründet?<br />
2. Ist der Sonderbedarf in nachvollziehbarer und korrekter Weise quantifiziert?<br />
3. Wird zur Umsetzung ein Sollkostenansatz verwendet?<br />
4. Wird das Kostenüberschreitungs- bzw. Übernivellierungsverbot beachtet?<br />
5. Ist es ausgeschlossen, dass die Gemeinden aus finanziellen Gründen gesellschaftlich<br />
eher unerwünschte Sonderbedarfe verstärken wollen und können?<br />
Falls alle fünf Fragen mit ja beantwortet können, muss dem Gesetzgeber zugestanden<br />
werden, dass er im Rahmen seiner legitimen weiten Ermessensspielräume gehandelt<br />
hat. Auch in solchen Fällen mag man die Entscheidungen als negativ betroffene<br />
Gemeinde kritisch beurteilen oder politisch anderer Meinung sein, eine negative<br />
verfassungsrechtliche Bewertung dürfte dann aber wohl ausgeschlossen sein.<br />
Bei der Ermittlung der eigenen Finanzkraft empfiehlt sich aus vielerlei Gründen eine<br />
Beschränkung auf die Realsteuern und die Gemeindeanteile an der Einkommen- und<br />
Umsatzsteuer.<br />
Während bei den Gemeindeanteilen an der Einkommen- und Umsatzsteuer eine<br />
vollständige Einbeziehung geboten ist, stellt sich bei den Realsteuern die Frage, welche<br />
Hebesatzanspannung als angemessen angesehen wird. Da im Regelfall Kommunen<br />
eigene Leistungen erbringen (oder in früheren Jahren Vorleistungen erbracht<br />
haben), damit insbesondere Gewerbesteuer-, aber auch Grundsteuereinnahmen<br />
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