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Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch

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4. Kapitel: Einzelne Grundre<strong>ch</strong>tsgewährleistungen<br />

kommen regelmäßig als Bedürfnisprüfungen vor, also Zulassungen in Abhängigkeit<br />

davon, ob es an einem Ort ein Bedürfnis für weitere Berufstätige in diesem<br />

Beruf gibt (Apotheker, Ärzte, Taxifahrer). Neuerdings werden au<strong>ch</strong> Verwaltungsmonopole<br />

(Arbeitsvermittlungsmonopol) zunehmend als objektive Bes<strong>ch</strong>ränkungen<br />

eingestuft, weil sie für alle Privaten die vom Staat monopolisierte<br />

Tätigkeit untersagen. Subjektive Zulassungsvoraussetzungen knüpfen an Eigens<strong>ch</strong>aften<br />

oder Qualifikation der Person an, insbesondere bei Ausbildungsund<br />

Eignungsprüfungen (Gesellenbrief, Taxis<strong>ch</strong>ein, Staatsexamen, aber au<strong>ch</strong>:<br />

Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t, Körpergröße). Berufsausübungsregelungen sind alle übrigen Regulierungen<br />

und Bes<strong>ch</strong>ränkungen. Die Dreistufentheorie ist insoweit bere<strong>ch</strong>tigterweise<br />

kritisiert worden, als sie vereinfa<strong>ch</strong>end annimmt, daß jede Berufswahlregelung<br />

stärker beeinträ<strong>ch</strong>tigt als eine Ausübungsregelung. Tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> kann aber<br />

eine einmalige und einfa<strong>ch</strong>e Prüfung (subjektive Zulassungsvoraussetzung) für<br />

die Freiheitsbeeinträ<strong>ch</strong>tigung weniger intensiv sein als dauernde Kontrollen (Berufsausübungsregelung).<br />

Verstanden als typisierende Verallgemeinerung, von<br />

der Ausnahmefälle ausgenommen werden können, ist die Stufung aber dur<strong>ch</strong>aus<br />

zutreffend.<br />

An den unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en Eingriffsmodi wird deutli<strong>ch</strong>, daß es für die<br />

S<strong>ch</strong>utzintensität unter anderem auf die Berufsbildlehre ankommt, also darauf,<br />

ob es si<strong>ch</strong> bei der berufli<strong>ch</strong>en Betätigung, die dem betroffenen Grundre<strong>ch</strong>tsträger<br />

verwehrt wird, um einen eigenständigen Beruf handelt (dann Zulassungsregelung)<br />

oder nur um eine Einzeltätigkeit innerhalb eines weiter zu verstehenden<br />

Berufsbildes (dann Ausübungsregelung). Hierzu gilt na<strong>ch</strong> der Re<strong>ch</strong>tspre<strong>ch</strong>ung<br />

des Bundesverfassungsgeri<strong>ch</strong>ts, daß es einerseits kein freies Berufserfindungsre<strong>ch</strong>t<br />

der Bürger gibt, andererseits aber au<strong>ch</strong> neue Berufe ohne lange Tradition<br />

als eigenständige Berufsbilder anerkannt werden müssen. Im Ergebnis herrs<strong>ch</strong>t<br />

weitgehende Einigkeit, daß der Gesetzgeber die Mögli<strong>ch</strong>keit zur Fixierung von<br />

Berufsbildern hat. Wenn er also gesetzli<strong>ch</strong> festlegt, wel<strong>ch</strong>em Tätigkeitsprofil ein<br />

Apotheker, S<strong>ch</strong>ornsteinfeger oder Bäcker genügen muß, dann steht es den<br />

Grundre<strong>ch</strong>tsträgern ni<strong>ch</strong>t frei, die Berufe des ʹni<strong>ch</strong>takademis<strong>ch</strong>en Apothekersʹ,<br />

ʹweißgekleideten S<strong>ch</strong>ornsteinfegersʹ oder ʹGelegenheitsbäckersʹ als eigenständige<br />

Berufe verfassungsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> geltend zu ma<strong>ch</strong>en. Selbst bei dieser re<strong>ch</strong>tsunterstützten<br />

Abgrenzung bleiben aber zahlrei<strong>ch</strong>e Grenzfälle (z.B. Kassenarzt).<br />

Die in Konkretisierung des Gesetzesvorbehalts (Art. 12 I 2 GG) ergehenden<br />

Gesetze identifiziert man dana<strong>ch</strong>, ob sie Bestimmungen mit berufsregelnder<br />

Tendenz enthalten. Sol<strong>ch</strong>e gesetzli<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>ranken sind dann wie immer am<br />

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen, wobei dur<strong>ch</strong> die Dreistufentheorie<br />

zwei Modifikationen der Prüfungsfolge vorzunehmen sind (vgl. Fall 2: Taxiges<strong>ch</strong>äft<br />

155 ):

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