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Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch

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96<br />

4. Kapitel: Einzelne Grundre<strong>ch</strong>tsgewährleistungen<br />

Kir<strong>ch</strong>engemeinden und Glaubensgemeins<strong>ch</strong>aften genießen selbst Grundre<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utz.<br />

Ges<strong>ch</strong>ützt sind au<strong>ch</strong> Ablehnung und Austritt als negative Religionsfreiheit<br />

50 (vgl. au<strong>ch</strong> Art. 136 III 1 WRV; BVerfGE 93, 1 [15 ff.] – Kruzifix). Außer den<br />

im engeren Sinne kultis<strong>ch</strong>en und rituellen Handlungsweisen (Gottesdienste) sind<br />

die Ernährungs-, ärztli<strong>ch</strong>en Behandlungs- und feiertagli<strong>ch</strong>en Arbeitsverbote als<br />

äußere Religionsausübung vom S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong> erfaßt; eine häufige Prüfungskonstellation<br />

ist insoweit das religiös begründete S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>ten (vgl. Fall 5:<br />

S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>terlaubnis 183 ). Die Glaubensfreiheit s<strong>ch</strong>ützt grundsätzli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> vor Diskriminierungen,<br />

wobei allerdings den Art. 3 III, 33 III GG und Art. 136 I, II WRV<br />

in den meisten Fällen der spezialgesetzli<strong>ch</strong>e Vorrang gebührt.<br />

Ni<strong>ch</strong>t zur Religionsfreiheit, sondern zur Berufsfreiheit 98 (Art. 12 I GG, bei<br />

Ausländern: Art. 2 I GG) zählt es na<strong>ch</strong> der Re<strong>ch</strong>tspre<strong>ch</strong>ung des Bundesverfassungsgeri<strong>ch</strong>ts,<br />

wenn mit einem Handeln primär Erwerbsinteressen verbunden<br />

sind. Dann verstärkt allerdings der religiöse Bezug den Grundre<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utz im<br />

Rahmen der Abwägung (vgl. BVerfG, 1 BvR 1783/99 – S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>terlaubnis; Fall 5:<br />

S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>terlaubnis 183 ).<br />

Beliebter Prüfungsgegenstand ist au<strong>ch</strong> die Grundre<strong>ch</strong>tsbere<strong>ch</strong>tigung der<br />

Minderjährigen 56 , die bei der Religionsfreiheit verfassungskonform einfa<strong>ch</strong>gesetzli<strong>ch</strong><br />

konkretisiert wurde: Na<strong>ch</strong> § 5 des Gesetzes über die religiöse Kindererziehung<br />

(1921) ist bei Kindern von zwölf Jahren kein We<strong>ch</strong>sel des Bekenntnisses<br />

gegen deren Willen gestattet, mit 14 können sie das religiöse Bekenntnis<br />

selbst bestimmen. Einige Landesverfassungen gestatten erst mit Vollendung des<br />

18. Lebensjahres die Ni<strong>ch</strong>tteilnahme am Religionsunterri<strong>ch</strong>t (Art. 137 I BayVerf,<br />

Art. 35 I RhPf Verf, Art. 29 II SaarVerf); das ist mit der negativen Religionsfreiheit<br />

vereinbar, weil der Unterri<strong>ch</strong>t die Kenntnis der Religion vermittelt, ni<strong>ch</strong>t deren<br />

Praktizierung erzwingt.<br />

Die religiös-weltans<strong>ch</strong>auli<strong>ch</strong>e Neutralität (ʺTrennung von Staat und Kir<strong>ch</strong>eʺ)<br />

folgt aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 I WRV. Horizontalwirkung 54 unter Privaten<br />

entfaltet die Religionsfreiheit vor allem im Arbeitsre<strong>ch</strong>t: Arbeitgebern ist es beispielsweise<br />

versagt, vermeidbare Glaubenskonflikte auszulösen. Andererseits<br />

re<strong>ch</strong>tfertigt die kollektive Religionsfreiheit (kir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>es Selbstbestimmungsre<strong>ch</strong>t)<br />

besondere arbeitsvertragli<strong>ch</strong>e Bes<strong>ch</strong>ränkungen der Meinungsfreiheit 90 und Ehefreiheit<br />

83 (Zölibat) in kir<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Dienstverhältnissen.<br />

Das Bundesverfassungsgeri<strong>ch</strong>t behandelt die Religionsfreiheit als normtextli<strong>ch</strong><br />

vorbehaltloses Grundre<strong>ch</strong>t mit verfassungsimmanenten S<strong>ch</strong>ranken 32 und<br />

wendet den Vorbehalt der allgemeinen Gesetze in Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 I<br />

WRV aus historis<strong>ch</strong>-systematis<strong>ch</strong>en Gründen ni<strong>ch</strong>t als S<strong>ch</strong>rankenklausel an.<br />

Demgegenüber zieht die inzwis<strong>ch</strong>en überwiegende Literatur Art. 136 I WRV für

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