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Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch

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6. Kapitel: Fälle und Lösungen<br />

I GG eröffnet. Dana<strong>ch</strong> wäre der Festungsumzug eine Versammlung im Sinne des<br />

Art. 8 I GG. Jedenfalls könnte si<strong>ch</strong> der Verein als Veranstalter und damit ʺAkteurʺ<br />

auf diesen S<strong>ch</strong>utz berufen.<br />

(4) Stellungnahme zum Versammlungsbegriff<br />

Es mag ri<strong>ch</strong>tig sein, daß der S<strong>ch</strong>utz von Diskussionen über öffentli<strong>ch</strong>e Angelegenheiten<br />

im Zentrum der historis<strong>ch</strong>en Entwicklung der Versammlungsfreiheit<br />

stand. Au<strong>ch</strong> mag diese demokratiefunktionale Modalität der Versammlung na<strong>ch</strong><br />

wie vor gesteigerte S<strong>ch</strong>utzwürdigkeit geniessen. Daraus kann indes ni<strong>ch</strong>t gefolgert<br />

werden, daß weniger gefährdete Versammlungen von vornherein aus dem<br />

S<strong>ch</strong>utz des Art. 8 I GG auszunehmen sind. Abgesehen von den resultierenden<br />

Abgrenzungsproblemen spri<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> der Wortlaut und der S<strong>ch</strong>utzzweck des Art.<br />

8 I GG gegen eine enge Auslegung. Die s<strong>ch</strong>utzwürdige Versammlung dient der<br />

gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en, auf Kommunikation angelegten Entfaltung. Eine sol<strong>ch</strong>e Entfaltung<br />

bes<strong>ch</strong>ränkt si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t auf politis<strong>ch</strong>e Kommunikation, sondern ist au<strong>ch</strong> in<br />

den Formen kultureller Ereignisse für die Beteiligten wi<strong>ch</strong>tig. Folgli<strong>ch</strong> ist der enge<br />

Versammlungsbegriff der älteren Lehre abzulehnen.<br />

(5) Ergebnis zum Versammlungsbegriff<br />

Der Festungsumzug ist folgli<strong>ch</strong> eine Versammlung i.S.v. Art. 8 I GG.<br />

cc) Friedli<strong>ch</strong>keit<br />

Von der Friedli<strong>ch</strong>keit des geplanten Festungsumzugs (vgl. Art. 8 I GG) kann ausgegangen<br />

werden.<br />

dd) Waffenlosigkeit<br />

Der Festungsumzug müßte »ohne Waffen« stattfinden, um den S<strong>ch</strong>utz des Art. 8<br />

I GG zu genießen. Die Ordnungsbehörde ma<strong>ch</strong>t geltend, daß die aktive und passive<br />

Bewaffnung mit S<strong>ch</strong>wertern und S<strong>ch</strong>ilden problematis<strong>ch</strong> sei.<br />

(1) S<strong>ch</strong>ilde<br />

Bezügli<strong>ch</strong> der ʺpassiven Bewaffnungʺ mit S<strong>ch</strong>ilden ist festzustellen, daß bloße<br />

S<strong>ch</strong>utzgegenstände wie Helme oder Gasmasken ni<strong>ch</strong>t zu den Waffen i.S.v. Art. 8<br />

I GG gehören. Insoweit erfolgt der Umzug »ohne Waffen«.<br />

Hinweis: Es ist hier ni<strong>ch</strong>t ri<strong>ch</strong>tig auf ʺS<strong>ch</strong>utzwaffenʺ i.S.v. § 17a VersG einzugehen,<br />

denn die einfa<strong>ch</strong>gesetzli<strong>ch</strong>e Norm bildet ledigli<strong>ch</strong> eine S<strong>ch</strong>ranke der Versammlungsfreiheit,<br />

bestimmt indes ni<strong>ch</strong>t den S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong>. Insoweit ist allein auf Art. 8 I GG<br />

abzustellen. Selbst die (no<strong>ch</strong> vertretbare) Ansi<strong>ch</strong>t, daß es bei Auslegung derjenigen<br />

Grundre<strong>ch</strong>tstatbestände, die dur<strong>ch</strong> älteres einfa<strong>ch</strong>es Re<strong>ch</strong>t historis<strong>ch</strong> mitgeprägt

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