Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch
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Fall 7: Normannenkir<strong>ch</strong>e 203<br />
Ermessensspielraum hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> der Erteilung (Ob) und mögli<strong>ch</strong>er Auflagen<br />
(Wie) der Erlaubnis (vgl. § Art. 36 II Nr. 4 VwVfG).<br />
Fragli<strong>ch</strong> ist, ob die Stadt Würzburg dur<strong>ch</strong> die Art, in der sie von diesem Ermessen<br />
Gebrau<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>te, die Religionsfreiheit des N e.V. verletzt hat.<br />
(1) Der S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong> des Art. 4 I, II GG ist au<strong>ch</strong> bei juristis<strong>ch</strong>en Personen in Gestalt<br />
der kollektiven Religionsfreiheit eröffnet, mithin au<strong>ch</strong> für den N e.V.<br />
Hinweis: Die Sonderheit, daß es um die Religionsfreiheit einer juristis<strong>ch</strong>en Person<br />
geht, kommt erst bei der konkreten Anwendung der Norm in den Blick. Deshalb ist<br />
der S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong> im Guta<strong>ch</strong>ten no<strong>ch</strong>mals aufzugreifen.<br />
(2) Ein konkreter Eingriff besteht darin, daß die Stadt Würzburg mit ihrer »Maßgabe«,<br />
das Feuerfest am Sonntag zu veranstalten, implizit ein zielgeri<strong>ch</strong>tetes Verbot<br />
für die Samstagsveranstaltung erließ.<br />
(3) Als Ausdruck verfassungsimmanenter S<strong>ch</strong>ranken sind zwar die <strong>Grundre<strong>ch</strong>te</strong><br />
Dritter – hier die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) der Fußgänger während<br />
der Einkaufszeit – geltend gema<strong>ch</strong>t. Eine Verlegung auf den einkaufsfreien<br />
Sonntag fördert au<strong>ch</strong> diesen S<strong>ch</strong>utzzweck und ist insoweit geeignet. Als äußerst<br />
fragli<strong>ch</strong> muß aber gelten, ob die Behörde hinrei<strong>ch</strong>end gründli<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> milderen,<br />
glei<strong>ch</strong> wirksamen Mitteln gesu<strong>ch</strong>t hat, mit denen si<strong>ch</strong> die kollidierenden Nutzungsinteressen<br />
vereinbaren ließen (Erforderli<strong>ch</strong>keit). Grundsätzli<strong>ch</strong> hätte es ihr<br />
offengestanden, die beantragte Erlaubnis zu erteilen, aber glei<strong>ch</strong>zeitig mit einer<br />
Auflage zu verbinden, die den Interessen der Fußgänger Re<strong>ch</strong>nung trägt, etwa<br />
das Freihalten eines Korridors oder die periodis<strong>ch</strong>e Unterbre<strong>ch</strong>ung der Feier.<br />
Dem ursprüngli<strong>ch</strong>en Antrag des N hätte damit entspro<strong>ch</strong>en werden können, ohne<br />
daß der S<strong>ch</strong>utz sonstiger Interessen nennenswert beeinträ<strong>ch</strong>tigt worden wäre.<br />
Angesi<strong>ch</strong>ts sol<strong>ch</strong>er Alternativen, kann man das vollständige Verbot der Samstagsveranstaltung<br />
ni<strong>ch</strong>t mehr als erforderli<strong>ch</strong> ansehen. S<strong>ch</strong>on deshalb fehlt es an<br />
der Verhältnismäßigkeit der behördli<strong>ch</strong>en Maßnahme.<br />
Hinweis: Ebenfalls vertretbar wäre es, die Angemessenheit zu verneinen.<br />
Also hat die die Körpers<strong>ch</strong>aft, deren Behörde handelte, dur<strong>ch</strong> ihren fehlerhaften<br />
Ermessensgebrau<strong>ch</strong> im Rahmen der Sondernutzungserlaubnis die Religionsfreiheit<br />
des N e.V. verletzt. Die Ablehnung des Antrags war re<strong>ch</strong>tswidrig.<br />
3. Anspru<strong>ch</strong> auf Erteilung der im Klagewege beantragten Sondernutzungserlaubnis<br />
(vgl. § 113 V VwGO)<br />
Wenn au<strong>ch</strong> bezügli<strong>ch</strong> des Ob der Erlaubnis dur<strong>ch</strong> die mögli<strong>ch</strong>e Parallelnutzung<br />
eine Ermessensreduzierung auf Null anzunehmen ist, so bleibt do<strong>ch</strong> klärungsbedürftig,<br />
ob N einen Anspru<strong>ch</strong> auf Erteilung der im Klagewege geltend gema<strong>ch</strong>-