04.07.2014 Aufrufe

Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch

Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch

Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Fall 4: Festungsumzug 177<br />

sind, ausnahmsweise zulässig sein soll, einfa<strong>ch</strong>gesetzli<strong>ch</strong>e Begriffsbildungen und<br />

Wertungen zu berücksi<strong>ch</strong>tigen, führt jedenfalls bei § 17a VersG ni<strong>ch</strong>t weiter, denn<br />

das S<strong>ch</strong>utzwaffen- und Vermummungsverbot ist eine na<strong>ch</strong> Verabs<strong>ch</strong>iedung des<br />

Grundgesetzes eingeführte Neuheit, die auf den verfassungsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Waffenbegriff<br />

ni<strong>ch</strong>t dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>lagen kann.<br />

(2) S<strong>ch</strong>werter<br />

Fragli<strong>ch</strong> ist allein, ob die mitgeführten S<strong>ch</strong>werter Waffen i.S.v. Art. 8 I GG sind.<br />

Als Gegenstände, die s<strong>ch</strong>on zum Zweck der Verletzung von Mens<strong>ch</strong>en hergestellt<br />

sind, gehören sie zu den Waffen im te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en Sinne (vgl. § 1 VII WaffG),<br />

die jedenfalls grundsätzli<strong>ch</strong> von Art. 8 I GG umfaßt sind. Fragli<strong>ch</strong> ist, ob au<strong>ch</strong> bei<br />

Waffen im te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en Sinne dann eine Eins<strong>ch</strong>ränkung gema<strong>ch</strong>t werden muß,<br />

wenn diese, wie bei den S<strong>ch</strong>wertern im Festungsumzug, ni<strong>ch</strong>t in Gebrau<strong>ch</strong>sabsi<strong>ch</strong>t<br />

mitgeführt werden.<br />

(a) Na<strong>ch</strong> einer Meinung kommt es bei Waffen im te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en Sinne auf den<br />

Zweck, zu dem sie mitgeführt werden, ni<strong>ch</strong>t an. Dana<strong>ch</strong> würden die S<strong>ch</strong>werter<br />

im vorliegenden Fall einen Grundre<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utz na<strong>ch</strong> Art. 8 I GG auss<strong>ch</strong>ließen.<br />

(b) Die Gegenmeinung stuft das Verbot von Waffen – au<strong>ch</strong> Waffen im te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en<br />

Sinne – als eine Vermutung der Unfriedli<strong>ch</strong>keit ein. Die Vermutung müßte<br />

dana<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> bei te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en Waffen widerlegli<strong>ch</strong> sein, was wiederum Rückwirkung<br />

auf den Waffenbegriff hätte. Waffen im te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en Sinne, die na<strong>ch</strong>weisli<strong>ch</strong><br />

ohne Gebrau<strong>ch</strong>sabsi<strong>ch</strong>t mitgeführt werden, wären dann keine Waffen<br />

i.S.v. Art. 8 I GG, da sie die Friedli<strong>ch</strong>keit der Versammlung ni<strong>ch</strong>t beeinträ<strong>ch</strong>tigen<br />

können. Na<strong>ch</strong> der Gegenmeinung würden die S<strong>ch</strong>werter also einem Grundre<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utz<br />

na<strong>ch</strong> Art. 8 I GG ni<strong>ch</strong>t entgegenstehen.<br />

(c) Diese restriktive Auslegung des Waffenbegriffs verdient den Vorzug. Das<br />

Waffenverbot kann nur als konkretisierende und typisierende Ausgestaltung des<br />

Friedli<strong>ch</strong>keitsgebots angesehen werden. Angesi<strong>ch</strong>ts dieser Zweckbindung würde<br />

eine Auslegung, die ohne Rücksi<strong>ch</strong>t auf die Gebrau<strong>ch</strong>sabsi<strong>ch</strong>t eine abstrakte<br />

Gefährdung der Friedli<strong>ch</strong>keit der Versammlung annähme, den Grundre<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utz<br />

des Art. 8 I GG unnötig stark eins<strong>ch</strong>ränken. Folgli<strong>ch</strong> steht das Mitführen<br />

von S<strong>ch</strong>wertern als Teil der historis<strong>ch</strong>en Rüstungen dem S<strong>ch</strong>utz des Festungsumzugs<br />

na<strong>ch</strong> Art. 8 I GG ni<strong>ch</strong>t entgegen.<br />

Hinweis: Ergänzend, ni<strong>ch</strong>t aber auss<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong>, kann an dieser Stelle auf die entspre<strong>ch</strong>ende<br />

Wertung des einfa<strong>ch</strong>en Gesetzes hingewiesen werden, das in § 17a VersG das<br />

S<strong>ch</strong>utzwaffenverbot (S<strong>ch</strong>ranke!) auf sol<strong>ch</strong>e Gegenstände bes<strong>ch</strong>ränkt, die »den Umständen<br />

na<strong>ch</strong> dazu bestimmt sind, Vollstreckungsmaßnahmen ... abzuwehren«.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!