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Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch

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VII. Verfahren 113<br />

– etwa au<strong>ch</strong> bei na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong>er Eins<strong>ch</strong>ränkung von Re<strong>ch</strong>tsfertigungs- oder Ents<strong>ch</strong>uldigungstatbeständen.<br />

Strafmildernde Analogien, teleologis<strong>ch</strong>e Reduktionen<br />

oder Gesetzesänderungen sind hingegen au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong> ohne weiteres<br />

zulässig, weil sie der S<strong>ch</strong>utzri<strong>ch</strong>tung des Grundsatzes ni<strong>ch</strong>t widerspre<strong>ch</strong>en.<br />

Sehr umstritten sind die Mauers<strong>ch</strong>ützenfälle, bei denen die Strafgeri<strong>ch</strong>te mit<br />

Billigung des Bundesverfassungsgeri<strong>ch</strong>ts im Ergebnis dur<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong>e Aberkennung<br />

der DDR-Re<strong>ch</strong>tfertigungsgründe eine Strafbarkeit begründet haben.<br />

Selbst dur<strong>ch</strong> verfassungsimmanente S<strong>ch</strong>ranken 32 ist eine sol<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tspre<strong>ch</strong>ung<br />

ohne eine Verfassungsänderung des Art. 103 II GG ni<strong>ch</strong>t zu re<strong>ch</strong>tfertigen.<br />

Typis<strong>ch</strong>e Themen für Prüfungsfälle: Mauers<strong>ch</strong>ützen, Gewaltbegriff des Nötigungstatbestands,<br />

Verjährung.<br />

5. Ne bis in idem (Art. 103 III GG)<br />

Artikel 103<br />

(1) ...<br />

(2) ...<br />

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze<br />

mehrmals bestraft werden.<br />

Wi<strong>ch</strong>tige Ents<strong>ch</strong>eidung: BVerfGE 23, 191 – Zeugen Jehovas.<br />

Das Verbot der Mehrfa<strong>ch</strong>bestrafung enthält einen verfassungsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Begriff<br />

der ʹTatʹ, der von dem einfa<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en des Strafgesetzbu<strong>ch</strong>es grundsätzli<strong>ch</strong><br />

unabhängig zu beurteilen ist. Zu den Strafgesetzen zählen zwar das Kernstrafre<strong>ch</strong>t<br />

(StGB) und das Nebenstrafre<strong>ch</strong>t, anders als bei nulla poena sine lege 112<br />

aber ni<strong>ch</strong>t das Disziplinar- oder Standesre<strong>ch</strong>t und au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t das Ordnungswidrigkeitenre<strong>ch</strong>t.<br />

Im sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong> des Art. 103 III GG tritt eine Sperrwirkung<br />

ein, d.h. der Verbrau<strong>ch</strong> der Strafklage sowie ein Verbot neuerli<strong>ch</strong>er<br />

Strafverfolgung. Ni<strong>ch</strong>t vom S<strong>ch</strong>utz erfaßt sind ausländis<strong>ch</strong>e Strafurteile. Umstritten<br />

ist die Sperrwirkung bei Strafbefehlen: das Bundesverfassungsgeri<strong>ch</strong>t<br />

hat den Grundsatz ursprüngli<strong>ch</strong> auf sie ni<strong>ch</strong>t angewendet, später aber festgestellt,<br />

daß au<strong>ch</strong> die Re<strong>ch</strong>tskraft des Strafbefehls einer erneuten Verfolgung entgegenstehe.<br />

Für Eins<strong>ch</strong>ränkungen des Verbots gelten die immanenten S<strong>ch</strong>ranken 32 .<br />

Typis<strong>ch</strong>e Themen für Prüfungsfälle: Re<strong>ch</strong>tskraft, Strafbefehle.

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