Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch
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VI. Wirts<strong>ch</strong>aft und Kultur 105<br />
<strong>ch</strong>e Ents<strong>ch</strong>ädigung ein Anspru<strong>ch</strong> besteht. Ähnli<strong>ch</strong> liegt der Fall, wenn im Gesetz<br />
eine ʺangemesseneʺ Ents<strong>ch</strong>ädigung zugespro<strong>ch</strong>en wird, die Verwaltung aber einen<br />
zu geringen Betrag ansetzt. In beiden Fällen läßt si<strong>ch</strong> das Gesetz verfassungskonform<br />
auslegen und ist dann verfassungsgemäß; dem Eigentümer steht<br />
aus dem Gesetz (ni<strong>ch</strong>t: aus Art. 14 GG) ein Ents<strong>ch</strong>ädigungsanspru<strong>ch</strong> zu. S<strong>ch</strong>ließt<br />
das Gesetz hingegen eine Ents<strong>ch</strong>ädigung ausdrückli<strong>ch</strong> aus oder enthält es keine<br />
salvatoris<strong>ch</strong>e Klausel, so läßt es si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> verfassungskonforme Auslegung<br />
ni<strong>ch</strong>t retten. Ein Gesetz mit ents<strong>ch</strong>ädigungspfli<strong>ch</strong>tiger Eingriffsintensität ist dann<br />
verfassungswidrig, eine s<strong>ch</strong>on eingetretene Eigentumsbeeinträ<strong>ch</strong>tigung ist<br />
re<strong>ch</strong>tswidrig und der Eigentümer hat Anspru<strong>ch</strong> auf Ents<strong>ch</strong>ädigung aus enteignungsglei<strong>ch</strong>em<br />
Eingriff (Ri<strong>ch</strong>terre<strong>ch</strong>t; §§ 74, 75 Einl. ALR). Das Abwägungsergebnis<br />
einer ents<strong>ch</strong>ädigungspfli<strong>ch</strong>tigen Inhalts- und S<strong>ch</strong>rankenbestimmung darf<br />
aber ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>on deshalb immer gewählt werden, weil si<strong>ch</strong> damit ein eleganter<br />
Mittelweg zwis<strong>ch</strong>en Allgemeinwohl und Individualinteresse ansteuern läßt:<br />
grundsätzli<strong>ch</strong> steht es dem Gesetzgeber zu, Umgestaltungen des eigentumsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />
Normenapparats au<strong>ch</strong> ohne Ents<strong>ch</strong>ädigungen vorzunehmen.<br />
Die verfassungsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tfertigung von Enteignungen ist insoweit eine<br />
Besonderheit, als sie mit dem qualifizierten Gesetzesvorbehalt 32 in Art. 14 III GG<br />
ausdrückli<strong>ch</strong> im Verfassungstext vorprogrammiert ist. Besonders die Junktimklausel<br />
(Art. 14 III 2 GG) gewährt dabei S<strong>ch</strong>utz: wenn die angemessene Ents<strong>ch</strong>ädigung<br />
(vgl. Art. 14 III 3 GG: gere<strong>ch</strong>te Abwägung) ni<strong>ch</strong>t s<strong>ch</strong>on im Enteignungsgesetz<br />
selbst geregelt wird, ist die Enteignung s<strong>ch</strong>on allein deshalb verfassungswidrig.<br />
Daß dann einfa<strong>ch</strong>re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> ein unges<strong>ch</strong>riebener Ents<strong>ch</strong>ädigungsanspru<strong>ch</strong><br />
bestehen würde (enteignungsglei<strong>ch</strong>er Eingriff), ändert daran<br />
ni<strong>ch</strong>ts. Wegen des speziellen S<strong>ch</strong>utzes dur<strong>ch</strong> Art. 14 III GG findet das Verbot des<br />
Einzelfallgesetzes (Art. 19 I 1 GG) und das Zitiergebot 34 (Art. 19 I 2 GG) auf Enteignungsgesetze<br />
keine Anwendung.<br />
Typis<strong>ch</strong>e Themen für Prüfungsfälle: Eigenbedarf, Pfli<strong>ch</strong>texemplar, Naßauskiesung.<br />
3. Koalitionsfreiheit (Art. 9 III GG)<br />
Artikel 9<br />
(1) ... – (2) ... [Vereinigungsfreiheit]<br />
(3) 1 Das Re<strong>ch</strong>t, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirts<strong>ch</strong>aftsbedingungen<br />
Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe<br />
gewährleistet. 2 Abreden, die dieses Re<strong>ch</strong>t eins<strong>ch</strong>ränken oder zu behin-