Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch
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3. Kapitel: Allgemeine Grundre<strong>ch</strong>tslehren<br />
Ein aus der besonderen Bindung resultierendes Verwaltungsprivatre<strong>ch</strong>t, bei<br />
dem die privatre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Handlungsformen dur<strong>ch</strong> grundre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> inspirierte<br />
Bindungen des öffentli<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>ts modifiziert sind, ist insbesondere bei der Daseinsvorsorge<br />
mit Mitteln des Privatre<strong>ch</strong>ts s<strong>ch</strong>on länger anerkannt.<br />
2. Private<br />
Abgesehen von der Ausnahmeregelung in Art. 9 II GG (Verbot verfassungswidriger<br />
Vereinigungen) tritt die Grundre<strong>ch</strong>tsbindung Privater nur in Gestalt der<br />
Drittwirkung 54 auf. Au<strong>ch</strong> Tarifverträge fallen nur dann unter die Grundre<strong>ch</strong>tsbindung<br />
des Art. 1 III GG, wenn sie vom Bundesarbeitsminister für allgemeinverbindli<strong>ch</strong><br />
erklärt wurden.<br />
V. Normverhältnisse<br />
1. Grundre<strong>ch</strong>tskollisionen und -konkurrenzen<br />
Eine Kollision von <strong>Grundre<strong>ch</strong>te</strong>n liegt vor, wenn das Grundre<strong>ch</strong>t eines Grundre<strong>ch</strong>tsträgers<br />
nur dadur<strong>ch</strong> verwirkli<strong>ch</strong>t werden kann, daß dasjenige eines anderen<br />
zurücktritt. Sol<strong>ch</strong>e Kollisionen sind geradezu der Regelfall: die Freiheit des<br />
einen findet ihre Grenze in der Freiheit des anderen. Wer beispielsweise seine<br />
Religions- oder Kunstfreiheit im öffentli<strong>ch</strong>en Raum einer Fußgängerzone praktizieren<br />
will, kann dies nur, wenn andere in ihrem Verhalten darauf Rücksi<strong>ch</strong>t<br />
nehmen; wer demonstrieren mö<strong>ch</strong>te, löst damit zwangsläufig Verzögerungen im<br />
Straßenverkehr aus, die andere behindern. Der staatli<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>utz von Grundre<strong>ch</strong>tsgütern<br />
führt zudem regelmäßig bei anderen Personen zu Freiheitsbeeinträ<strong>ch</strong>tigungen:<br />
selbst das Tötungsverbot zugunsten des Lebensre<strong>ch</strong>ts potentieller<br />
Opfer ist – grundre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> betra<strong>ch</strong>tet – als Bes<strong>ch</strong>ränkung der Handlungsfreiheit<br />
potentieller Täter anzusehen. Die Abwägung, die in sol<strong>ch</strong>en Fällen kontrolliert,<br />
ob die kollidierenden <strong>Grundre<strong>ch</strong>te</strong> im staatli<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>t no<strong>ch</strong> angemessen zum<br />
Ausglei<strong>ch</strong> gebra<strong>ch</strong>t werden, nennt si<strong>ch</strong> praktis<strong>ch</strong>e Konkordanz 26 und ist ein Sonderfall<br />
des Verhältnismäßigkeitsprinzips.<br />
Eine Konkurrenz von <strong>Grundre<strong>ch</strong>te</strong>n liegt vor, wenn mehrere <strong>Grundre<strong>ch</strong>te</strong><br />
für denselben Lebenssa<strong>ch</strong>verhalt als Prüfungsmaßstab in Betra<strong>ch</strong>t kommen. Hier<br />
treten zunä<strong>ch</strong>st na<strong>ch</strong> den Grundsätzen der Subsidiarität, Spezialität oder<br />
Sa<strong>ch</strong>nähe 22 einzelne <strong>Grundre<strong>ch</strong>te</strong> in den Hintergrund: ihr S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong> ist dann<br />
ni<strong>ch</strong>t betroffen (vgl. Prüfungsreihenfolge 21 ). Zwis<strong>ch</strong>en den übrigen herrs<strong>ch</strong>t<br />
Idealkonkurrenz 23 , d.h. sie sind nebeneinander als Kontrollmaßstab für das