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Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch

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22<br />

2. Kapitel: Die Grundre<strong>ch</strong>tsprüfung<br />

sonderen Freiheitsre<strong>ch</strong>t als subsidiär zurücktritt. In Fällen mit ganz klarem<br />

S<strong>ch</strong>werpunkt, etwa bei einer reinen Meinungsäußerungsfrage, ist es ratsam, bereits<br />

am Anfang festzustellen, daß eine Grundre<strong>ch</strong>tsverletzung nur hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong><br />

dieses einen Grundre<strong>ch</strong>ts problematis<strong>ch</strong> ist. Die weitere Prüfung kann si<strong>ch</strong> dann<br />

auf dieses Grundre<strong>ch</strong>t bes<strong>ch</strong>ränken:<br />

»B. Begründetheit<br />

Die Verfassungsbes<strong>ch</strong>werde des A wäre begründet, wenn er dur<strong>ch</strong> die Strafurteile in<br />

<strong>Grundre<strong>ch</strong>te</strong>n verletzt wäre. Hier kommt allein eine Verletzung der Meinungsfreiheit<br />

(Art. 5 I GG) in Betra<strong>ch</strong>t.<br />

I. S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong> der Meinungsfreiheit<br />

...«<br />

S<strong>ch</strong>wierig ist regelmäßig die Prüfungsreihenfolge innerhalb besonderer Freiheitsre<strong>ch</strong>te.<br />

Hier gilt zunä<strong>ch</strong>st die Spezialitätsregel, d.h. wenn ein Grundre<strong>ch</strong>t<br />

erkennbar spezifis<strong>ch</strong>er auf die Fallkonstellation zutrifft, ist es vorrangig zu prüfen.<br />

Sofern sein S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong> betroffen ist, treten konkurrierende <strong>Grundre<strong>ch</strong>te</strong>,<br />

die weniger speziell sind, dahinter zurück. So wäre bei einem Reitverbot auf<br />

Waldwegen 148 (vgl. BVerfGE 80, 137 [150 ff.] – Reiten im Walde) in einer ausführli<strong>ch</strong>en<br />

Prüfung zunä<strong>ch</strong>st auf das sehr spezielle Grundre<strong>ch</strong>t der Freizügigkeit<br />

einzugehen (Art. 11 I GG), dann auf Berufs- und Eigentumsfragen (Art. 12 I, 14 I<br />

GG) und s<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG).<br />

Einen bloß klausurtaktis<strong>ch</strong>en Hintergrund hat der Rat, unter mehreren<br />

<strong>Grundre<strong>ch</strong>te</strong>n glei<strong>ch</strong>er Spezifität (z.B. Berufsfreiheit und Eigentum, Rundfunkund<br />

Filmfreiheit etc.) das abzulehnende Grundre<strong>ch</strong>t zuerst zu prüfen. Dadur<strong>ch</strong><br />

läßt si<strong>ch</strong> guta<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Breite erzeugen, bevor die detaillierte Prüfung des eigentli<strong>ch</strong><br />

eins<strong>ch</strong>lägigen Grundre<strong>ch</strong>ts beginnt. Solange die S<strong>ch</strong>werpunktsetzung des<br />

Guta<strong>ch</strong>tens darunter ni<strong>ch</strong>t leidet, ist gegen ein sol<strong>ch</strong>es Vorgehen bei <strong>Grundre<strong>ch</strong>te</strong>n<br />

glei<strong>ch</strong>er Spezifität ni<strong>ch</strong>ts einzuwenden.<br />

Allein das sa<strong>ch</strong>nähere Grundre<strong>ch</strong>t wird vom Bundesverfassungsgeri<strong>ch</strong>t geprüft,<br />

wenn bezügli<strong>ch</strong> ein und desselben Sa<strong>ch</strong>verhalts mehrere Freiheitsre<strong>ch</strong>te<br />

glei<strong>ch</strong>zeitig eins<strong>ch</strong>lägig sein könnten, so daß es einer Abgrenzung unter eigentli<strong>ch</strong><br />

glei<strong>ch</strong> spezifis<strong>ch</strong>en <strong>Grundre<strong>ch</strong>te</strong>n bedarf. Betont wurde die Sa<strong>ch</strong>nähe bisher<br />

fast auss<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> in der Abgrenzung von Eigentum und Berufsfreiheit: Art. 14 I<br />

GG s<strong>ch</strong>ützt das Erworbene, die Ergebnisse geleisteter Arbeit, Art. 12 I GG dagegen<br />

den Erwerb, die Betätigung selbst (vgl. BVerfGE 84, 133 [157] – Abwicklung<br />

von DDR-Einri<strong>ch</strong>tungen). Bei anderen <strong>Grundre<strong>ch</strong>te</strong>n stellt das Bundesverfassungsgeri<strong>ch</strong>t<br />

auf die stärkere sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Beziehung nur selten ab (vgl. BVerfGE 13,<br />

290 [296] – Ehegatten-Arbeitsverhältnisse). Tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> handelt es si<strong>ch</strong> bei der<br />

Sa<strong>ch</strong>nähe ni<strong>ch</strong>t um ein eigenständiges Abgrenzungskriterium, sondern nur um

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