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Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch

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Fall 6: Helmpfli<strong>ch</strong>t 191<br />

für ihn Folgen hat. Bei Re<strong>ch</strong>tsnormen, zu deren Geltung im Einzelfall kein weiterer<br />

Vollzugsakt mehr nötig ist, tritt die Unmittelbarkeit bereits mit deren Inkrafttreten<br />

ein. Die Helmpfli<strong>ch</strong>t ist eine sol<strong>ch</strong>e Norm, die unmittelbar gegenüber jedem<br />

Normadressaten, also au<strong>ch</strong> gegenüber A, das Verbot ausspri<strong>ch</strong>t, ohne<br />

S<strong>ch</strong>utzhelm zu fahren. A ist also au<strong>ch</strong> unmittelbar betroffen.<br />

Folgli<strong>ch</strong> ist er bes<strong>ch</strong>werdebefugt.<br />

5. Form und Frist<br />

Die Formvors<strong>ch</strong>riften der §§ 23 I, 92 BVerfGG sind dur<strong>ch</strong> den mit Hilfe des P verfaßten<br />

Brief gewahrt worden. Die Frist für Verfassungsbes<strong>ch</strong>werden ri<strong>ch</strong>tet si<strong>ch</strong><br />

na<strong>ch</strong> § 93 BVerfGG. Dort wird unters<strong>ch</strong>ieden zwis<strong>ch</strong>en der Jahresfrist gegenüber<br />

Hoheitsakten, bei denen ein Re<strong>ch</strong>tsweg ni<strong>ch</strong>t offensteht (§ 93 III BVerfGG), und<br />

der Monatsfrist in den übrigen Fällen (§ 93 I BVerfGG). A hat seine Verfassungsbes<strong>ch</strong>werde<br />

vier Monate na<strong>ch</strong> Inkrafttreten der Helmpfli<strong>ch</strong>t eingelegt, so daß es<br />

für die Fristwahrung darauf ankommt, ob gegen § 27a II StVO der Re<strong>ch</strong>tsweg offensteht.<br />

Gegenüber Re<strong>ch</strong>tsverordnungen der Länder ist dies tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> der Fall<br />

(vgl. § 47 VwGO). Hier handelt es si<strong>ch</strong> aber um eine Re<strong>ch</strong>tsverordnung des Bundes.<br />

Bei sol<strong>ch</strong>en besteht kein Re<strong>ch</strong>tsweg, so daß die Jahresfrist gilt, die von A<br />

gewahrt wurde.<br />

Die Verfassungsbes<strong>ch</strong>werde ist also au<strong>ch</strong> form- und fristgere<strong>ch</strong>t eingelegt<br />

worden.<br />

6. Allgemeine Subsidiarität<br />

Generell gilt für Verfassungsbes<strong>ch</strong>werden, daß der Bes<strong>ch</strong>werdeführer vor ihrer<br />

Einlegung den Re<strong>ch</strong>tsweg ers<strong>ch</strong>öpfen muß (§ 90 II 1 BVerfGG). Wenn kein<br />

Re<strong>ch</strong>tsweg besteht, so kommt es für die Zulässigkeit der Verfassungsbes<strong>ch</strong>werde<br />

ni<strong>ch</strong>t auf die Regeln zur ausnahmsweisen Entbehrli<strong>ch</strong>keit dieses Erfordernisses<br />

an (vgl. § 90 II 2 BVerfGG), sondern auf den unges<strong>ch</strong>riebenen Grundsatz der allgemeinen<br />

Subsidiarität der Verfassungsbes<strong>ch</strong>werde zu allen anderen Re<strong>ch</strong>tsbehelfen<br />

vor den einfa<strong>ch</strong>en Geri<strong>ch</strong>ten.<br />

Hinweis: Die Prüfung des § 90 II 2 BVerfGG statt des unges<strong>ch</strong>riebenen Grundsatzes<br />

der allgemeinen Subsidiarität der Verfassungsbes<strong>ch</strong>werde ist ein häufiger Fehler in<br />

Klausuren. Merke: Für die Ausnahme des Satzes 2 fehlt es mangels Re<strong>ch</strong>tswegs an<br />

den na<strong>ch</strong> Satz 1 geltenden Anwendungsbedingungen der Norm!<br />

Es dürfte für A keine zumutbare Mögli<strong>ch</strong>keit geben, die Frage der Helmpfli<strong>ch</strong>t<br />

vor einfa<strong>ch</strong>en Geri<strong>ch</strong>ten zur Prüfung zu bringen. Da es si<strong>ch</strong> um eine bußgeldbewehrte<br />

Pfli<strong>ch</strong>t handelt, könnte A solange ohne Helm fahren, bis gegen ihn ein<br />

Bußgeldbes<strong>ch</strong>eid verhängt wird, um dann im Geri<strong>ch</strong>tsverfahren gegen diesen

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