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Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch

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40<br />

2. Kapitel: Die Grundre<strong>ch</strong>tsprüfung<br />

b) Vereinbarkeit der Anwendung des S<strong>ch</strong>utzgesetzes mit dem Untermaßverbot<br />

Einen Sonderfall der S<strong>ch</strong>utzpfli<strong>ch</strong>tendogmatik bildet die Fallgruppe des sogenannten<br />

Grundre<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utzes gegen si<strong>ch</strong> selbst. Hier s<strong>ch</strong>ützt der Staat den<br />

Grundre<strong>ch</strong>tsträger gegen seinen Willen, etwa indem er riskantes Verhalten verbietet<br />

oder sonst re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Na<strong>ch</strong>teile daran knüpft. Geprüft wird dann na<strong>ch</strong> der<br />

Auss<strong>ch</strong>eidungsregel 39 allein abwehrre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>, wobei der Eingriff mangels Einwilligung<br />

zu bejahen ist (kein sog. Grundre<strong>ch</strong>tsverzi<strong>ch</strong>t 29 ) und si<strong>ch</strong> bei der verfassungsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />

Re<strong>ch</strong>tfertigung die Frage stellt, ob die S<strong>ch</strong>utzwirkung, die zwar<br />

vom Grundre<strong>ch</strong>tsträger ni<strong>ch</strong>t gewollt ist, ihm aber glei<strong>ch</strong>wohl zugute kommt,<br />

überhaupt in die Abwägung einbezogen werden darf. Ri<strong>ch</strong>tigerweise ist dies abzulehnen,<br />

weil darin eine Verkehrung der S<strong>ch</strong>utzri<strong>ch</strong>tung des Grundre<strong>ch</strong>ts läge.<br />

Die Verselbständigung des Grundre<strong>ch</strong>tsgutes zugunsten einer objektiv-re<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />

Dimension darf ni<strong>ch</strong>t dazu führen, daß diese gegen die Freiheit des Grundre<strong>ch</strong>tsträgers<br />

in Stellung gebra<strong>ch</strong>t wird. Einen Ausweg bietet in diesen dur<strong>ch</strong>aus<br />

häufigen Fällen (Gurtpfli<strong>ch</strong>t, Helmpfli<strong>ch</strong>t 189 , Sozial- und Krankenversi<strong>ch</strong>erungspfli<strong>ch</strong>t<br />

u.v.m.) die Re<strong>ch</strong>tfertigung der Maßnahmen mit <strong>Grundre<strong>ch</strong>te</strong>n Dritter<br />

(Hilfsmögli<strong>ch</strong>keit in Unfallsituationen) oder mit anderen Re<strong>ch</strong>tsgüter von Verfassungsrang<br />

(Förderung der Volksgesundheit dur<strong>ch</strong> universelle Krankenversi<strong>ch</strong>erung).<br />

In anderen Fällen, etwa dem staatli<strong>ch</strong>en Eins<strong>ch</strong>reiten gegen Selbsttötung,<br />

kann die Überlegung helfen, daß der Staat si<strong>ch</strong> im Zweifel für den S<strong>ch</strong>utz ents<strong>ch</strong>eiden<br />

können muß, wenn ni<strong>ch</strong>t ganz si<strong>ch</strong>er ist, ob der Grundre<strong>ch</strong>tsträger<br />

wirkli<strong>ch</strong> freiverantwortli<strong>ch</strong> handelt. Insoweit sind (wie immer) au<strong>ch</strong> typisierende<br />

Verallgemeinerungen des Gesetzgebers nötig und zulässig (z.B. allgemeine<br />

Selbstmordverhinderungspfli<strong>ch</strong>t der Polizei). In engen Grenzen kann s<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong><br />

die Befugnis des Gesetzgebers zur Erri<strong>ch</strong>tung sozialer Si<strong>ch</strong>erungssysteme für die<br />

Re<strong>ch</strong>tfertigung von Risikoverboten herangezogen werden, wobei aber ni<strong>ch</strong>t<br />

s<strong>ch</strong>on jede Kostenfolge für die Gemeins<strong>ch</strong>aft ein Verbot zu re<strong>ch</strong>tfertigen vermag<br />

(vgl. Fall 6: Helmpfli<strong>ch</strong>t 189 ).<br />

II.<br />

Verfassungsbes<strong>ch</strong>werde<br />

Für die Sa<strong>ch</strong>ents<strong>ch</strong>eidungsvoraussetzungen aller Verfahren gilt, daß sie zwar<br />

jeweils einzeln zu lernen sind, do<strong>ch</strong> weitgehend demselben Muster folgen, das<br />

au<strong>ch</strong> zur Erinnerung dienli<strong>ch</strong> sein kann (Merkhilfe: Wer? Was? Wann? Wie?):

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