Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch
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6. Kapitel: Fälle und Lösungen<br />
re<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utz au<strong>ch</strong> unumstritten. Die Berufstätigkeit mit religiösem Bezug ist eine<br />
sol<strong>ch</strong>e Handlung. Folgli<strong>ch</strong> ist der S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong> des Art. 2 I GG dur<strong>ch</strong> das<br />
S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>tverbot betroffen.<br />
2. Eingriff<br />
Es müßte ein Eingriff vorliegen. Ein Eingriff ist jede staatli<strong>ch</strong>e Maßnahme, die<br />
eine in den S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong> fallende Tätigkeit ers<strong>ch</strong>wert, verbietet, unmögli<strong>ch</strong><br />
ma<strong>ch</strong>t oder sanktioniert, insbesondere jede Maßnahme, mit der dies zielgeri<strong>ch</strong>tet<br />
und re<strong>ch</strong>tsförmig ges<strong>ch</strong>ieht (klassis<strong>ch</strong>er Eingriff). Hier liegt eine Ers<strong>ch</strong>werung<br />
der Berufsausübung darin, daß nur unter den eins<strong>ch</strong>ränkenden Voraussetzungen<br />
des § 4a II Nr. 2 TierS<strong>ch</strong>G eine Ausnahme vom S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>tverbot genehmigt wird<br />
und die Genehmigungsfähigkeit im Falle des T dur<strong>ch</strong> Behörden und Geri<strong>ch</strong>te<br />
zielgeri<strong>ch</strong>tet und re<strong>ch</strong>tsförmig verneint wurden. Es liegt also ein Eingriff vor.<br />
3. Verfassungsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tfertigung<br />
Zur verfassungsre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>tfertigung kommt innerhalb der S<strong>ch</strong>rankentrias<br />
des Art. 2 I GG die verfassungsmäßige Ordnung in Betra<strong>ch</strong>t, die alle Re<strong>ch</strong>tsnormen<br />
umfaßt. Das S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>tverbot und der enge Tatbestand für Ausnahmegenehmigungen<br />
in § 4a I, II Nr. 2 TierS<strong>ch</strong>G könnten s<strong>ch</strong>rankenkonkretisierende<br />
Re<strong>ch</strong>tsnormen im Sinne der Klausel sein. Dazu müßte sowohl das Gesetz selbst<br />
als au<strong>ch</strong> dessen Anwendung dur<strong>ch</strong> Behörden und Geri<strong>ch</strong>te verfassungsgemäß<br />
sein.<br />
a) Verfassungsmäßigkeit des § 4a I, II Nr. 2 TierS<strong>ch</strong>G<br />
Fragli<strong>ch</strong> ist zunä<strong>ch</strong>st, ob das S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>tverbot mit restriktivem Ausnahmetatbestand,<br />
wie es in § 4a I, II Nr. 2 TierS<strong>ch</strong>G geregelt ist, formell und materiell verfassungsgemäß<br />
ist.<br />
aa) Formelle Verfassungsmäßigkeit<br />
Da si<strong>ch</strong> die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Tiers<strong>ch</strong>utz aus Art. 72<br />
II, 74 I Nr. 20 GG ergibt und Anhaltspunkte für Verfahrens- oder Formfehler bei<br />
der Gesetzesverabs<strong>ch</strong>iedung ni<strong>ch</strong>t bestehen, ist das Gesetz formell verfassungsgemäß.<br />
bb) Materielle Verfassungsmäßigkeit<br />
Die materielle Verfassungsmäßigkeit setzt insbesondere voraus, daß der Grundsatz<br />
der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Zweck des Tiers<strong>ch</strong>utzgesetzes ist es,<br />
aus der Verantwortung des Mens<strong>ch</strong>en für das Tier als Mitges<strong>ch</strong>öpf dessen Leben<br />
und Wohlbefinden zu s<strong>ch</strong>ützen (ethis<strong>ch</strong> begründeter Tiers<strong>ch</strong>utz).