Examenskurs Grundrechte - servat.unibe.ch
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Fall 5: S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>terlaubnis 185<br />
VI. Ergebnis zur Zulässigkeit<br />
Die Verfassungsbes<strong>ch</strong>werde des T ist demna<strong>ch</strong> zulässig.<br />
B) Begründetheit<br />
Die Verfassungsbes<strong>ch</strong>werde wäre begründet, wenn dur<strong>ch</strong> das S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>tverbot und<br />
die Genehmigungsverweigerung <strong>Grundre<strong>ch</strong>te</strong> des T verletzt würden.<br />
I. Verletzung der Religionsfreiheit (Art. 4 I, II GG)<br />
Zunä<strong>ch</strong>st könnte die Religionsfreiheit verletzt sein, was eine Betroffenheit des<br />
S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong>s von Art. 4 I, II GG voraussetzt.<br />
Das S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>ten selbst ist bei berufli<strong>ch</strong>er Ausübung jedo<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t als Akt der<br />
Religionsausübung anzusehen. Es geht dem T na<strong>ch</strong> der besonderen Konstellation<br />
des Falles au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t um seine Eigenversorgung mit Fleis<strong>ch</strong> von ges<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>teten<br />
Tieren. Da T die Religionsfreiheit nur für seine Kunden geltend ma<strong>ch</strong>t, si<strong>ch</strong> die<br />
Verfassungsbes<strong>ch</strong>werde als Individualre<strong>ch</strong>tss<strong>ch</strong>utz aber auf die eigenen Re<strong>ch</strong>te<br />
des Bes<strong>ch</strong>werdeführers bes<strong>ch</strong>ränkt, kann Prüfungsmaßstab allein die Berufsfreiheit<br />
des T sein. Soweit die Ausübung des S<strong>ch</strong>la<strong>ch</strong>terberufs als Ausdruck von Solidarität<br />
mit Glaubensbrüdern au<strong>ch</strong> religiös motiviert ist, muß dabei der besondere<br />
S<strong>ch</strong>utzgehalt der Religionsfreiheit innerhalb der Abwägung mitberücksi<strong>ch</strong>tigt<br />
werden.<br />
Hinweis: vgl. BVerfG 1 BvR 1783/99 - S<strong>ch</strong>ä<strong>ch</strong>terlaubnis<br />
Der S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong> der Religionsfreiheit des T ist folgli<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t betroffen.<br />
II. Verletzung der Berufsfreiheit (Art. 12 I GG)<br />
Während si<strong>ch</strong> die Berufsfreiheit für Deuts<strong>ch</strong>e aus Art. 12 I GG ergibt, ist sie für<br />
Ausländer, die wie der türkis<strong>ch</strong>e T ni<strong>ch</strong>t aus Ländern der Europäis<strong>ch</strong>en Union<br />
stammen, auss<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> als Teil der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG)<br />
ges<strong>ch</strong>ützt.<br />
III. Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG)<br />
1. S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong><br />
Als Auffanggrundre<strong>ch</strong>t umfaßt der S<strong>ch</strong>utzberei<strong>ch</strong> des Art. 2 I GG alle Handlungsweisen,<br />
die ni<strong>ch</strong>t in den Berei<strong>ch</strong> eines spezielleren Freiheitsre<strong>ch</strong>ts fallen. Bei<br />
Handlungen, die wegen ihres Gewi<strong>ch</strong>ts für den Grundre<strong>ch</strong>tsträger ni<strong>ch</strong>t als Bagatellen<br />
gelten und einen starken Persönli<strong>ch</strong>keitsbezug aufweisen, ist der Grund-