Praxishandbuch - bei abif
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<strong>Praxishandbuch</strong>: Methoden in der Berufl ichen Rehabilitation<br />
6.2 Ausblick auf die Zukunft<br />
Rehabilitation ist in ihrer Ausprägung Ausdruck herrschender gesellschaftlicher Werthaltungen. Diese fi nden in der sprachlichen<br />
aber auch in der juristischen Diktion eine klare Entsprechung durch Formulierungen wie Antrag, Begehren, Förderung,<br />
Recht, Forderung etc.<br />
Gesellschaftliche Werthaltungen fi nden aber auch ihren Ausdruck in der budgetären bzw. fi nanziellen Dotierung aller einschlägigen<br />
Maßnahmen. 154<br />
Die zukünftige Entwicklung der Berufl ichen Rehabilitation ist demzufolge abhängig von herrschenden politischen Kräfteverhältnissen<br />
und den von diesen vorgegebenen Opportunitätskriterien der Förderziele und zugeschriebener Dienstleistungskompetenzen.<br />
Vor dem Hintergrund dieser Betrachtung ist jede Darstellung der gewünschten zukünftigen Entwicklung der Berufl ichen<br />
Rehabilitation mehr oder minder eine politische Forderung, die die Interessenslagen sowohl der betroffenen Menschen,<br />
deren Angehörigen, der Betriebe bzw. der Wirtschaft und der Solidargemeinschaft (im Sinne der Bereitstellung erforderlicher<br />
Mittel) tangiert.<br />
Die Gesetzesvielfalt, die sich in Österreich mit Berufl icher Rehabilitation befasst, ist im Sinn der Transparenz und der<br />
Handhabung für den Einzelnen kaum verwaltbar, im Sinne einer vernetzten sozialen Absicherung unter Umständen aber<br />
von Vorteil, da aus unterschiedlichen „Versicherungsinteressen“ die Kompetenz (= Verpfl ichtung) zur Berufl ichen Rehabilitation<br />
abzuleiten ist.<br />
Der derzeit wohl wesentlichste Mangel der bestehenden Gesetzeslage ist das Fehlen eines klagbaren Anspruchs auf Berufl<br />
iche Rehabilitation, etwa in Analogie zur Berufsunfähigkeits- bzw. Invaliditätspension. Der Grundsatz „Rehabilitation<br />
vor Rente“ wird derzeit dadurch verunmöglicht, dass für <strong>bei</strong>de Leistungen der Pensionsversicherung die gleichen<br />
Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind.<br />
Die Früherkennung von potentiellen KlientInnen der Berufl ichen Rehabilitation, aufgrund einer kontinuierlichen oder immer<br />
wiederkehrenden Disharmonie von Ar<strong>bei</strong>t und Gesundheit (nachweisbar anhand des Krankenstandsverlaufes), müsste<br />
systemisch von den Krankenkassen wahrgenommen werden und in Form institutionalisierter Kooperation zwischen Krankenkassen,<br />
Pensionsversicherungen und Ar<strong>bei</strong>tsmarktservice einen Rehabilitationsprozess einleiten.<br />
Einer Reform der Berufl ichen Rehabilitation sind auch die restriktiven Bestimmungen in Bezug auf Rehabilitationsanträge<br />
für Personen ohne Berufsschutz zu unterziehen. Zum einen ist hier das Prinzip „Rehabilitation vor Rente“ umzusetzen,<br />
zum anderen liegt hier die Chance der Berufl ichen Rehabilitation für eine individuelle Besserstellung aber auch für eine<br />
künftig höhere Beitragsleistung in einer die Behinderung kompensierenden Höherqualifi zierung mit besseren Einkommenschancen<br />
nach Berufl icher Rehabilitation.<br />
Die Zuständigkeit zur Berufl ichen Rehabilitation von Ar<strong>bei</strong>tnehmerInnen muss im Sinne der Chancengleichheit <strong>bei</strong>m Ar<strong>bei</strong>tsmarktservice<br />
verbleiben. Die Ausgliederung der Beratung und Förderung von behinderten Menschen in eine „Sonderbehörde“<br />
würde eine Ausgrenzung dieses Personenkreises von den Instrumenten der Integration in den allgemeinen<br />
Ar<strong>bei</strong>tsmarkt gleichkommen.<br />
Die Maßnahmen der Prävention beginnend von der betrieblichen Gesundheitsförderung über „early intervention“ etc.<br />
müssten als betriebliche Verpfl ichtung in den Ar<strong>bei</strong>tnehmerInnenschutz aufgenommen werden, um die verlängerte Lebensar<strong>bei</strong>tszeit<br />
bewältigen zu können.<br />
154 Die „einschlägigen Maßnahmen“ spiegeln unabhängig von deren Höhe die politischen, gesellschaftlichen Gruppierungen in Bezug auf die Durchführungskompetenz<br />
und das daraus resultierenden Maßnahmendesign wider.<br />
<strong>abif</strong> – analyse beratung und interdisziplinäre forschung • AMS Österreich, ABI / Ar<strong>bei</strong>tsmarktforschung und Berufsinformation • BBRZ Reha GesmbH<br />
110<br />
Zukunft der berufl ichen Rehabilitation