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Praxishandbuch - bei abif

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<strong>Praxishandbuch</strong>: Methoden in der Berufl ichen Rehabilitation Methoden<br />

In der Rehabilitation zielt die Biografi sche Diagnostik darauf ab, innerer Irritation und Verunsicherung – verursacht durch Behinderung<br />

oder Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit – mit inneren Interventionen zu begegnen. D. h. Ar<strong>bei</strong>tslosigkeit und Behinderung muss (auch) psychisch<br />

bewältigt werden. Eine Begegnung durch ausschließlich äußere Interventionen (z. B. durch ein neues Ar<strong>bei</strong>tsplatzangebot) führt zu<br />

Verdrängungseffekten. Dies birgt die Gefahr einer Abspaltung und Nicht-Bear<strong>bei</strong>tung der vergangenen Lebensgeschichte und außerdem<br />

einer Entwertung eines Teils einer Person, indem seine Bedeutung geleugnet wird. Die Folge sind hemmende Einstellungen,<br />

mentale Barrieren und Rigidität gegenüber Neuem, die die Zukunftsoffenheit und Zukunftsfähigkeit beeinträchtigen.<br />

Vor diesem Hintergrund hat die Universität Bremen (Institut für angewandte Biographie- und Lebensweltforschung) das<br />

Projekt „Biografi sche Diagnostik in der Berufl ichen Rehabilitation“ ins Leben gerufen. 108 Ziel des Kooperationsprojektes<br />

mit der Abteilung „Berufl iche Rehabilitation“ des Rehabilitationskrankenhauses Ulm (Leitung: Wolfgang Dern und Andreas<br />

Hanses) 109 ist es, die Ressourcen biografi scher Forschung des Instituts für angewandte Biographie- und Lebensweltforschung<br />

(Bremen) für die Alltagspraxis der Berufsfi ndung nutzbar zu machen. 110<br />

3.1.5.1 Die Biografi sche Diagnostik nach Wolfgang Dern und Andreas Hanses<br />

Theoretischer Abriss: Die eigene Lebensgeschichte fungiert als eine wichtige Orientierungsfolie für die Selbstdefi nition<br />

und für das weitere Handeln. Die „richtige“ Diagnose ist die Grundlage für eine individuell spezifi sche und erfolgversprechende<br />

Behandlung oder professionelle Entscheidung. Ziel ist, im diagnostischen Prozess klare Aussagen über Beeinträchtigungs-<br />

bzw. Krankheitstypen, Ursachen oder bestimmte Persönlichkeitsmerkmale treffen zu können.<br />

Art der Übung: Biografi sche Diagnostik.<br />

Übungsziel: Zum Erwerb biografi scher Kompetenz, um die Berufsbiographie an die Lebensgeschichte anschlussfähig zu<br />

machen und um entlang der aus der Diagnostik gewonnenen Erkenntnisse Formen rehabilitativer Ansätze zu entwickeln.<br />

Quelle: Eine Methode nach Andreas Hanses und Wolfgang Dern. 111<br />

Beschreibung der Methode: Zuerst werden die RehabilitandInnen über die Besonderheiten und die Funktion der biografi<br />

schen Diagnostik informiert. In dieser Erklärungsphase ist es wichtig zu verdeutlichen, was mit Erzählung und Biografi e<br />

gemeint ist. In dieser Phase müssen die RehabilitandInnen für die für sie ungewohnte Aufgabenstellung und außergewöhnliche<br />

Situation „erwärmt“ werden. Danach werden die RehabilitandInnen mit verschiedenen erzählgenerierenden Fragen<br />

konfrontiert, die sowohl die Möglichkeit <strong>bei</strong>nhalten, Erzählungen hervorzulocken und dennoch so gegenstandsbezogen<br />

formuliert sind, dass die Erzählsituation und die Auswertung der Erzähltexte ein für den Klinikalltag praktikables Ausmaß<br />

annimmt. Da<strong>bei</strong> sollte nicht nach Motiven, Zuständen oder Routinen, sondern möglichst offen gefragt werden. (z. B. Wie<br />

ist das eigentlich für Sie, ar<strong>bei</strong>tslos zu sein? 112 Die Übung ist eine Einzelübung, der / die RehabilitandIn wird also einzeln<br />

befragt. Das Gespräch wird auf Tonband aufgezeichnet.<br />

Auswertung: Entlang eines speziell entwickelten Auswertungsschemas der Biografi eforschung (Universität Bremen) werden<br />

auf der Basis der angefertigten Transkripte die subjektiven Handlungsorientierungen analysiert, um einen Einblick in das<br />

Handlungsverständnis und das Handeln der RehabilitandInnen zu bekommen. Ziel ist die Identifi kation von biografi sch<br />

verdeckten Motivlagen, die wichtige Anknüpfungspunkte für eine berufsbiografi sche Umorientierung darstellen.<br />

Nach der Auswertungsphase wird ein weiteres Treffen vereinbart, um in einem Auswertungsteam zentrale – und individuell<br />

abgestimmte – Maßnahmen für die Berufl iche Rehabilitation zu entwickeln.<br />

108 Vgl. www.ibl.uni-bremen.de/research/projekte/g6.htm<br />

109 Vgl. Dern / Hanses 2001, Seite 289–303.<br />

110 Die Konzeption einer „Biografi schen Diagnostik“ steht da<strong>bei</strong> vor der Herausforderung, biographische Forschungspraxis und -erfahrung so zu organisieren,<br />

dass sie in der Ar<strong>bei</strong>tspraxis berufl icher Rehabilitation sinnvoll umsetzbar wird.<br />

111 Vgl. Dern / Hanses 2001, Seite 289–303.<br />

112 Vgl. Lamnek, 1995, Seite 71ff.<br />

<strong>abif</strong> – analyse beratung und interdisziplinäre forschung • AMS Österreich, ABI / Ar<strong>bei</strong>tsmarktforschung und Berufsinformation • BBRZ Reha GesmbH<br />

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