Welchen Weg gehe ich.pdf
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Nahm aber die Tasse entgegen. Vor allen Dingen achtete <strong>ich</strong> darauf Raphael n<strong>ich</strong>t in die Augen zu<br />
sehen, sondern schaute auf seinen Mund. Was wiederum in mir den Gedanken erweckte, wie es<br />
wäre ihn zu küssen. Reiß d<strong>ich</strong> zusammen, ansonsten wirfst du d<strong>ich</strong> dem Kerl noch an den Hals, der ist<br />
sowieso schon eingebildet genug.<br />
„Was willst du also mit mir bereden?“ fragte <strong>ich</strong> deshalb besonders schroff.<br />
Das amüsierte Grinsen verschwand, „wie <strong>ich</strong> anfangen soll …“ die Worte kamen zögernd, „versuche<br />
einfach, ah nein …“<br />
„Wir können das ganz einfach regeln.“ M<strong>ich</strong> geschäftsmäßig aufr<strong>ich</strong>tend. „Du erklärst meiner Freundin<br />
deine Lügen. Sowie dein obskures Verhalten und damit sind wir dann quitt. Ich habe d<strong>ich</strong> angerempelt,<br />
du hattest deine Rache!“<br />
„Rache? Du meinst … <strong>ich</strong> hätte aus Rache …“ total begriffsstutzig starrte er m<strong>ich</strong> an. Mein Ges<strong>ich</strong>tsausdruck<br />
musste ihn wohl davon überzeugt haben.<br />
Mit einer Geschmeidigkeit, die <strong>ich</strong> nur bewundern konnte, sprang er auf die Füße. Eine Raubkatze in<br />
einem Käfig schön anzusehen, trotzdem extrem gefährl<strong>ich</strong>.<br />
Er durchmaß den Raum, als wolle er nach draußen stürmen. Ich unterließ es, ihm anzuraten, eine<br />
Jacke mitzunehmen. Abrupt drehte er s<strong>ich</strong> um und mit einer Geschwindigkeit, die <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t erfassen<br />
konnte, war er bei mir.<br />
Zog m<strong>ich</strong> hoch, umfasste meine Hüfte und stemmte m<strong>ich</strong> auf seine Augenhöhe empor. Seltsamerweise<br />
hatte <strong>ich</strong> keine Angst. Mein Selbsterhaltungstrieb schien s<strong>ich</strong> verabschiedet zu haben. Wütend<br />
starrten wir uns an. Er schloss die Augen, atmete tief durch und ließ langsam die Luft entwe<strong>ich</strong>en.<br />
Leise, sehr leise, mit kontrollierter Stimme. „Also gut, jetzt hast du mir deinen Standpunkt klar gemacht.<br />
Zum zweiten Mal! Du musst m<strong>ich</strong> wirkl<strong>ich</strong> für einen Irren halten, aber das bin <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t!“<br />
Ja dachte <strong>ich</strong>, wer anders als ein Verrückter benahm s<strong>ich</strong> so.<br />
„Claire höre mir gut zu, <strong>ich</strong> bin n<strong>ich</strong>t verrückt! Jetzt hörst du mir zu und du wirst mir die Zeit zugestehen,<br />
die <strong>ich</strong> brauche, ohne deine hirnrissigen Kommentare! War das deutl<strong>ich</strong> genug.“<br />
Er schlug die Augen auf und wartete, während mir bewusst wurde, dass er m<strong>ich</strong> in seinen Bann zog.<br />
Raphael erwartete eine Antwort. Nickend fügte <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong>. „Gut!“ zögernd um Fassung ringend, sagte<br />
er „Setz d<strong>ich</strong>!“<br />
„Ähm, <strong>ich</strong> kann n<strong>ich</strong>t …“ und sah an uns herunter.<br />
Raphael hielt m<strong>ich</strong> immer noch, <strong>ich</strong> hatte m<strong>ich</strong> an seiner Schulter gekrallt meine Beine baumelten gut<br />
zwanzig Zentimeter über den Boden.<br />
„Selten hat es ein Mensch es geschafft, m<strong>ich</strong> so wütend … wie du es gerade getan hast …“ bebend<br />
um Beherrschung ringend, fixierte er m<strong>ich</strong>.<br />
Widersprüchl<strong>ich</strong>e Gefühle spiegelten s<strong>ich</strong> in seiner Mimik. Fasziniert beobachtete <strong>ich</strong> sein Ges<strong>ich</strong>t<br />
jede neue Regung, die blitzartig wechselte, sog <strong>ich</strong> auf. Atemlos verfolgte <strong>ich</strong> den Sturm, ohne dass<br />
es mir bewusst wurde, näherte <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> ihm.<br />
Meine Arme lagen um seinen Hals, unsere Ges<strong>ich</strong>ter waren s<strong>ich</strong> so nah, dass <strong>ich</strong> seinen Atem spürte.<br />
Ich spürte mein Herz im Hals schlagen. Jäh veränderte s<strong>ich</strong> der Ausdruck in Raphaels Ges<strong>ich</strong>t, reserviert<br />
kalt, wendete Raphael seinen Blick ab. Ließ m<strong>ich</strong> herunter und wandte s<strong>ich</strong> dem Kamin zu.<br />
Wie aus einer Trance erwachend, versuchte <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> wieder zu finden. Dieser Mann brachte es tatsächl<strong>ich</strong><br />
fertig mein seelisches Gle<strong>ich</strong>gew<strong>ich</strong>t, zu zerstören. Für einen kurzen Augenblick wollte <strong>ich</strong><br />
von ihm umarmt werden. Mehr gestand <strong>ich</strong> mir mit brennenden Wangen n<strong>ich</strong>t ein.<br />
Vom Kamin hörte <strong>ich</strong> das Holz knistern, das Feuer war so stark das Es in den Raum leckte. Raphael<br />
sch<strong>ich</strong>tete unnötig Holz nach, er betrachtete die Flammen.<br />
„Wenn du d<strong>ich</strong> jetzt bitte setzen würdest.“ Kam es angestrengt herüber.<br />
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