Das stille Pfandrecht der Niederlande - GWDG
Das stille Pfandrecht der Niederlande - GWDG
Das stille Pfandrecht der Niederlande - GWDG
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
2. Teil – Die Sicherungsübereignung im internationalen Rechtsverkehr<br />
EuGH nicht vorgenommen. Es erfolgte vielmehr eine Aufzählung verschiedener<br />
Zwecke wie beispielsweise die öffentliche Gesundheit, die Lauterkeit des Handelsverkehrs,<br />
<strong>der</strong> Verbraucherschutz sowie die wirksame steuerliche Kontrolle 609 . Dieser<br />
Katalog wurde in späteren Entscheidungen beständig erweitert 610 und soll keineswegs<br />
abschließend sein, wie sich aus <strong>der</strong> Formulierung „insbeson<strong>der</strong>e“ entnehmen<br />
lässt. Bei Zusammenschau aller bisher anerkannten Gründe kann man im Ergebnis<br />
feststellen, dass es sich immer um Interessen <strong>der</strong> Allgemeinheit handelt.<br />
Zwingende Erfor<strong>der</strong>nisse im Sinne <strong>der</strong> Cassis-Rechtsprechung sind daher solche,<br />
die dem Schutz von Allgemeininteressen dienen. Die Frage, wie man einem im<br />
Allgemeininteresse liegenden Ziel Rechnung trägt, liegt im Ermessen <strong>der</strong> Mitgliedstaaten.<br />
Sie haben insoweit einen weiten Beurteilungsspielraum und sind nur durch<br />
die Verhältnismäßigkeit begrenzt 611 .<br />
Wie oben dargestellt wurde, sind es in allen europäischen Län<strong>der</strong>n drei Regelungen,<br />
durch <strong>der</strong>en Zusammenspiel es zur Nichtanerkennung <strong>der</strong> deutschen Sicherungsübereignung<br />
kommt. Zunächst kommt man durch die überall geltende lex rei<br />
sitae Anknüpfung in Verbindung mit dem Grundsatz <strong>der</strong> Anerkennung wohlerworbener<br />
Rechte zu dem Ergebnis, dass das Sicherungsrecht in Deutschland grundsätzlich<br />
wirksam entstanden ist und auch anerkannt wird. Dieses Ergebnis wird in allen<br />
Län<strong>der</strong>n unter den Hinweis auf den ordre public noch einmal an dem nationalen<br />
Belegenheitsrecht überprüft. Dieses Wie<strong>der</strong>um weist europaweit einen evidenten<br />
Unterschied zum deutschen Recht auf, da alle Län<strong>der</strong> in <strong>der</strong> einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Form für die Wirksamkeit besitzloser Sicherheiten einen Publizitätsakt voraussetzen,<br />
<strong>der</strong> so dem deutschen Recht nicht bekannt ist. Unter Hinweis auf einen Verstoß<br />
gegen anerkannte Grundsätze des Belegenheitssachenrechts wird dann die<br />
Anerkennung <strong>der</strong> deutschen Sicherungsübereignung abgelehnt. Zu fragen ist daher,<br />
ob die Reglungen <strong>der</strong> lex rei sitae – die zum Belegenheitsrecht führt – , die des<br />
ordre public – <strong>der</strong> die Messung des Sicherungsrechtes an inländischen Grundsätzen<br />
ermöglicht – und die Publizitätsanfor<strong>der</strong>ungen des Belegenheitsrechts selbst Ziele<br />
verfolgen, die zwingende Erfor<strong>der</strong>nisse im Sinne <strong>der</strong> Cassis-Rechtsprechung darstellen<br />
612 . Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob die verfolgten Ziele überhaupt<br />
erreicht werden können – erst dann kann man überhaupt über eine zwingende Erfor<strong>der</strong>lichkeit<br />
nachdenken –. Im Folgenden muss die Erreichung dieser Ziele dem<br />
Schutz von Allgemeininteressen dienen und in Abwägung mit <strong>der</strong> Freiheit des Warenverkehrs<br />
von größerem Gewicht sein 613 .<br />
609 EuGH 20.2.1979 Rs. 120/78 Cassis de Dijon, Slg. 1979, 649, Erwägung 8.<br />
610 Um den Umweltschutz in EuGH 20.9.1988 Rs. 302/86 Dänische Pfandflaschenregelung,<br />
Slg. 1988, 4607ff.; um die Medienvielfalt in EuGH 26.6.1997 – Rs. 368/95 Familiapress,<br />
Slg. 1997, I-3698, um den Arbeitsschutz in EuGH 14.7.1981 Rs. 155/80 Oebel, Slg. 1981,<br />
2008, Erwägung 12.<br />
611 Fischer, Europarecht, § 13 Rn. 56.<br />
612 So Bruinier, Der Einfluss <strong>der</strong> Grundfreiheiten auf das Internationale Privatrecht, 2003,<br />
S. 98, 99; Höpping, Auswirkungen <strong>der</strong> Warenverkehrsfreiheit auf das IPR, 1997, S.106.<br />
613 Oppermann, Europarecht, Rn. 1299.<br />
139