Das stille Pfandrecht der Niederlande - GWDG

4. Teil – Rechtsvergleich
während des Konkurses sein Sicherungsgut aus der Konkursmasse auszugliedern.
Der Betrieb konnte nicht mehr sanierend weiterarbeiten, die lukrative Veräußerung
eines Unternehmens als Ganzes war ebenfalls nicht möglich. Des Weiteren wurde
der Sicherungseigentümer von Verwertungskosten und Steuerschulden freigestellt.
Schließlich musste er die ihn betreffenden Feststellungskosten nicht tragen – auch
sie wurden zu einer Massebelastung. Wie dargestellt konnten all diese Probleme
mit der Insolvenzrechtsreform behoben werden.
Zu klären ist nun, ob sich bereits aus dem Charakter des stillen Pfandrechts heraus
diese Fragen gar nicht erst stellen oder weiterhin eine Korrektur durch die Konkursordnung
nötig ist und wie diese ggf. auszusehen hat.
Die niederländische Konkursordnung ist mit der deutschen Konkursordnung vor
der Insolvenzrechtsreform zu vergleichen. Die Pfandnehmer haben gem.
Art. 57 I Fw eine Separatistenstellung inne – sie können ihr Sicherungsgut jederzeit
gem. Art. 3-237 III NBW bzw. Art. 496 NRv herausverlangen und zur Verwertung
übergehen 1083 . Der Betrieb kann weder sanierend weiterarbeiten, noch ist es möglich,
ihn als Ganzes zu veräußern. Es kann über diesen Weg also auch in den Niederlanden
zu einer Masseschmälerung kommen – weder die Eigenart des stillen
Pfandrechts noch die Regelungen der niederländischen Konkursordnung schützen
davor. Eine gewisse Korrektur bietet die aus dem materiellen Recht resultierende
Abkühlungsphase – afkoelingsperiode. Wie gezeigt 1084 , kann demnach eine maximal
zweimonatige Zeitspanne ausgerufen werden, in denen es den Aussonderungsberechtigten
und Separatisten nur begrenzt möglich ist, ihre Rechte geltend zu machen.
Für einen gewissen Zeitraum ist dann also ein sanierendes Weiterarbeiten
möglich. Des Weiteren bleibt dem Konkursverwalter so die Möglichkeit, die für
die Effektivität des Konkurses besonders wertvollen Güter bei den einzelnen Sicherungsnehmern
auszulösen. Die Niederländer scheinen das Problem der Masseschmälerung
durch Herausnahme der Sicherungsgüter demnach auf materieller
Ebene zu lösen. Dennoch bleibt das eigentliche Übel bestehen 1085 . Eine Zeitspanne
von zwei Monaten dürfte keinesfalls ausreichen, um einen Konkurs vollständig
abzuwickeln. Des Weiteren ist es nicht möglich, den Betrieb als Ganzes zu veräußern
oder über die zwei Monate hinaus sanierend weiter zu arbeiten, zumal das
benötigte Kapital zum Auslösen der Güter regelmäßig nicht vorhanden sein wird.
Schließlich muss die afkoelingsperiode explizit vom Konkursverwalter ausgerufen
werden, tritt also nicht automatisch ein. Es ist damit festzustellen, dass weder die
Eigenart des stillen Pfandrechts noch die Regelungen der Konkursordnung wirksam
eine Masseschmälerung durch Entfernen der Güter aus der Konkursmasse
1083 MvT Art. 57 NF, Invoeringswet (vierde gedeelte) (wijziging Rv, RO en F, kamerstuk
16593, Nr. 3, S. 147; vanBuchem/Spapens, Faillissement en surséance van betaling, 1998,
S. 62ff.; Polak/Polak, Faillissementsrecht, 2002, S. 121ff.
1084 Siehe Seite 215.
1085 Zu diesem Ergebnis ist auch der niederländische Gesetzgeber bereits gekommen, der als
unvollkommene Lösung jedoch lediglich vorschlägt, die afkoelingsperiode von 2 auf 4 Monate
zu verlängern; Wetsvoorstel 27244; Wedekind in: W.P.N.R. 6019 (1991), S. 643ff.
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