Das stille Pfandrecht der Niederlande - GWDG
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2. Teil – Die Sicherungsübereignung im internationalen Rechtsverkehr<br />
(3) Ordre public<br />
Gerade diese Überprüfung <strong>der</strong> Sicherungsübereignung an <strong>der</strong> sachenrechtlichen<br />
Grundordnung führt jedoch zu einer Nichtanerkennung dieses Institutes.<br />
Der tribunal civil Strasbourg versagte 1957 einem in Deutschland begründeten<br />
Eigentumsvorbehalt die Wirkung in Frankreich 214 . Mit Überschreiten <strong>der</strong> Grenze<br />
sei französisches Recht anwendbar. Grundsätzlich wurde nicht am wirksamen Entstehen<br />
des Eigentumsvorbehaltes gezweifelt. Unverzichtbarer Bestandteil <strong>der</strong> französischen<br />
Grundrechtsordnung und damit gleichermaßen Teil des ordre public sei<br />
jedoch <strong>der</strong> in Frankreich geltende Publizitätsgrundsatz, <strong>der</strong> den Schutz Dritter gewährleisten<br />
soll. Da <strong>der</strong> deutsche Eigentumsvorbehalt jedoch nirgends publiziert<br />
wird und damit gegen die französischen Registrierungsvorschriften verstößt, könne<br />
er in Frankreich keine Wirkung entfalten. Dieses für den Eigentumsvorbehalt ergangene<br />
Urteil lässt sich mühelos mit gleicher Begründung auf die deutsche Sicherungsübereignung<br />
übertragen. Auch sie muss an<strong>der</strong>s als die französischen Äquivalente<br />
im deutschen Recht nicht publiziert werden und verstößt damit ebenfalls gegen<br />
die französischen Registrierungsvorschriften.<br />
Im Urteil aus dem Jahre 1969 hatte die Cour de Cassation 215 die Möglichkeit, die<br />
gerade angedachte Übertragung <strong>der</strong> Rechtssprechung zum Eigentumsvorbehalt auf<br />
die Sicherungsübereignung vorzunehmen. Hier ging es um ein in Deutschland<br />
wirksam zur Sicherheit übereignetes Kraftfahrzeug, welches später nach Frankreich<br />
verbracht wurde und dort in die Vollstreckungsmasse französischer Gläubiger<br />
fiel. Die Cour de Cassation versagte <strong>der</strong> deutschen Sicherungsübereignung die<br />
Wirksamkeit. An<strong>der</strong>s als in dem oben genannten Urteil geschah dies jedoch nicht<br />
aufgrund <strong>der</strong> fehlenden Publizität. Vielmehr qualifizierte das Gericht die deutsche<br />
Sicherungsübereignung als ein besitzloses <strong>Pfandrecht</strong>, das eine in Frankreich unzulässige<br />
Pfandverfallklausel – pacte commissoire – beinhalte, welcher in Frankreich<br />
keine Wirkung zukäme. Implizit geht die cour de cassation daher davon aus, dass<br />
das neue Lagerecht uneingeschränkt anwendbar sein soll, ohne auf die wohlerworbenen<br />
Rechte Rücksicht nehmen zu müssen.<br />
Diese Entscheidung wurde jedoch vielfach kritisiert, wie<strong>der</strong>legt und in später folgenden<br />
Urteilen auch von <strong>der</strong> Rechtssprechung korrigiert. Zum einen wurde vorgebracht,<br />
dass es sich bei <strong>der</strong> Sicherungsübereignung schon gar nicht um eine pacte<br />
commissoire handelt, da das Eigentum gerade nicht verfällt, son<strong>der</strong>n bereits von<br />
Beginn an übergegangen ist 216 . Schlüssiger erscheint das Argument, dass eine eventuell<br />
bestehende Verfallklausel nur einen Teil des Sicherungsvertrages darstellt,<br />
ihre Nichtigkeit daher nicht notwendigerweise zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages<br />
führen muss. Eine Gesamtnichtigkeit kann man nur dann annehmen, wenn<br />
die Klausel „cause déterminante et impulsive“ ist 217 , was von <strong>der</strong> Cour de Cassati-<br />
214<br />
Trib. Civ. De Strasbourg, 19.6.1957, R.C.D.I.P. 48 (1959), 95.<br />
215<br />
Cour de cass., 8.7.1969, R.C.D.I.P. 60 (1971), 75.<br />
216<br />
Fouchard, R.C.D.I.P. 1971, 83 f, so auch Depser, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung,<br />
1983, S. 136.<br />
217<br />
Becqué/Rieg, J.Cl. Civil Artt. 2071-2083, no. 138; so auch Hübner in: JuS 1974, 151 (154).<br />
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