Die Seele Chinas - Chinaseiten
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mir, daß ich ihm eine Fahrkarte besorgen sollte. Ich fragte ihn, ob er sich nicht doch in<br />
Tsingtau sicherer fühle. Er verneinte und sagte, er sei für alle Fälle gerüstet. Er hatte<br />
sich nämlich von einem deutschen Arzt ein Zeugnis ausstellen lassen, daß er nicht<br />
geköpft werden könne, da er eine große Geschwulst am Halse habe. Schließlich hat ihn<br />
aber doch sein Schicksal erreicht. Der Sohn des Ermordeten hat ihn aufgegriffen. Es<br />
wurde ihm dann der Prozeß gemacht, und trotz des ärztlichen Zeugnisses wurde er zum<br />
Tode durch den Strang verurteilt. Das bekam ihm aber nicht gut, denn richtig ging dabei<br />
der Kopf ab, und der Leib fiel schwer zur Erde. Für das chinesische Gefühl bedeutete<br />
das eine große juristische Schwierigkeit, denn die Trennung des Kopfes vom Leib gilt<br />
wegen der unangenehmen Folgen im Jenseits als härtere Strafe wie einfaches Hängen.<br />
<strong>Die</strong> Familie soll die Sache anhängig gemacht haben, und es heißt, sie habe<br />
Schadenersatz bekommen, und man habe den Kopf nachträglich wieder angenäht. -<br />
Wie ein wirrer Traum gingen jene Tage vorüber. Nur wenige Freunde waren zurückgeblieben:<br />
Prinz Kung und Kao T'iän Yüan, der mir die ganze Zeit des Krieges über bei<br />
der Verwaltung des Roten Kreuzes und der Fortführung der chinesischen Schule treu<br />
zur Seite stand. Es war ein eigentümlicher Gegensatz, wie auf das Gewühl eine<br />
Totenstille folgte, die nur unterbrochen war durch das Dröhnen der Geschütze, das<br />
unheimlich durch die leeren Straßen hallte. Auch nachdem die Schrecken der<br />
Beschießung vorüber waren und Tsingtau von den Japanern erobert war, kam das alte<br />
Leben nicht wieder. Einige der Gelehrten blieben wohl wohnen, andere kamen zu<br />
kurzem Sommeraufenthalt. Aber es war eine andere Zeit. <strong>Die</strong> Alten von Tsingtau waren<br />
zerstoben in alle Winde.<br />
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