Die Seele Chinas - Chinaseiten
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den« oder mit ähnlichen Worten. Der Konfuziusdienst war übrigens nie ein Bittgottesdienst,<br />
sondern stets nur Verehrung des Meisters. Darum spielt Konfuzius in dem Pantheon<br />
des Volks auch keine Rolle. Er ist da. Man ehrt ihn, aber man begehrt nichts von<br />
ihm. Besonders gegenwärtig, da die Organisation des Staates andere Wege geht, ist<br />
dieses Konfuziusopfer in der Morgenfrühe, an dem nur eine beschränkte Anzahl geladener<br />
Gäste teilnehmen darf, fast zu einer historischen Feier exklusiv akademischer<br />
Kreise geworden.<br />
Dagegen ist das Frühlingsfest der reinen Klarheit (Ts'ing Ming) allgemein in China verbreitet<br />
und spielt etwa die Rolle des Osterfestes, mit dem es auch zeitlich häufig ungefähr<br />
zusammentrifft. Ursprünglich war es sicher ein Vegetationsfest. Am Tage vorher<br />
muß man fasten, man darf keine gekochten Speisen essen und soll kein Feuer anzünden.<br />
Am Festtag selbst werden merkwürdigerweise auch wie bei uns bunte gekochte<br />
Eier gegessen. Das Fest ist jetzt von allerhand Sagen umsponnen, durch die die damit<br />
verbundenen Bräuche erklärt werden sollen. Als der Fürst Wen von Tsin im Jahre 635 v.<br />
Chr. aus seiner Heimat fliehen mußte, folgte unter seinen wenigen Getreuen auch Kiä<br />
Tschï T'ui ihm in das Elend. Einmal, als alle Nahrungsmittel ausgegangen, schnitt er<br />
sich ein Stück Fleisch aus seinem Bein, um es seinem Herrn als Nahrung darzubringen.<br />
Dennoch wurde er, als der Fürst wieder zurückkehrte und den Thron bestieg, von ihm<br />
vergessen bei der Verteilung von Auszeichnungen. Kiä Tschï T'ui zog sich darauf mit<br />
seiner Mutter in einen dichten Bergwald zurück. Als der Fürst nun zu spät an seine<br />
Undankbarkeit erinnert wurde, sandte er jemand aus, um seinen treuen <strong>Die</strong>ner holen zu<br />
lassen, aber vergebens, er war nicht zu finden. Da zündete man den Wald an, um ihn<br />
durch den Rauch herauszutreiben. Aber er blieb standhaft und ging mit seiner Mutter<br />
zusammen in den Flammen zugrunde. Der Fürst, von tiefer Reue erfaßt, habe angeordnet,<br />
daß an diesem Tag kein Feuer je mehr dürfe angezündet werden.<br />
<strong>Die</strong>ses Fest des wiederkehrenden Lebens ist aber zugleich dem Andenken an die<br />
Heimgegangenen geweiht; denn Auferstehung setzt ja immer den Tod voraus. So werden<br />
die Gräber der Verstorbenen von Unkraut gereinigt, die Hügel neu aufgefüllt und<br />
eine Erdscholle obendrauf gelegt, auf der mit einem Stein ein Stück Papier als Opferteller<br />
befestigt wird. Wenn irgend möglich kehren die Familienmitglieder heim, um im<br />
Kreise der Sippe das Frühlingsfest zu begehen.<br />
<strong>Die</strong>ses Fest hat sich unter der Republik erhalten. Als Baumtag wird es in allen Schulen<br />
gefeiert. Es hat sich der Brauch entwickelt, daß die Schüler Ausflüge machen und auf<br />
einem freien Platz Bäume pflanzen.<br />
Wie auf Ostern Pfingsten folgt, so folgt auf das Ts'ing-Ming-Fest das Tuan-Wu-Fest, an<br />
dem die Höhe des Jahres, der Beginn der Frühernte gefeiert wird. Es ist am fünften des<br />
fünften Monats. <strong>Die</strong> lichte Sonnenkraft ist auf der Höhe. Aber eben deshalb lauern auch<br />
schon die finsteren Dämonen. Krankheiten schleichen um, üble Einflüsse sind in Keimen<br />
zu befürchten. Darum schützt man sich gegen böse Wirkungen, indem man Talismane<br />
an Türen und Fenster hängt. Meist nimmt man scharfriechende Kräuter: Beifuß oder<br />
Kalmus, die man als Zweige oder Bündel vor die Öffnungen hängt, durch die böse<br />
Geister eindringen können. Auch werden rote Scherenschnitte von Schlangen, Kröten<br />
oder Schildkröten und allerlei sonstigem Gewürm über den Eingängen befestigt.<br />
Das Fest ist ein Sonnenfest. Es wird besonders in der Gegend des Yangtse gefeiert.<br />
Dort nennt man es das Drachenbootfest. Bunte Dschunken mit festlichem Schmuck und<br />
Drachengestalten rudern auf dem Fluß umher. Auf den Booten werden allerlei Kunststücke<br />
und Tänze ausgeführt. Der Drache ist das Symbol der lichten männlichen Kraft,<br />
und die Schiffe sind die Erinnerung an jene alten Zeiten, da übers Meer her der heilige<br />
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