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Die Seele Chinas - Chinaseiten

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gewissen gesellschaftlichen Verkehr einschließen, nicht gehemmt zu sein. Moscheen,<br />

die sich im Stil aber sehr eng an chinesische Gebäude anlehnen, finden sich auch an<br />

den meisten Orten mit mohammedanischer Bevölkerung.<br />

Von Tsingtschoufu aus ging dann der Weg in mehreren Tagereisen vorbei an dem<br />

Eisenberg bei Kinlingtschen nach der Provinzialhauptstadt Tsinanfu. Tsinanfu war<br />

damals noch eine alte chinesische Stadt ohne die staubige und lärmende Fremdenniederlassung,<br />

die außerhalb der Mauern sich inzwischen angesiedelt hat. <strong>Die</strong> Stadt liegt<br />

am Fuß des Tausendbuddhaberges, der sich mit seinen Tempeln und Klöstern im<br />

Süden erhebt. Sie ist überaus quellenreich. <strong>Die</strong> Quellen sprudeln an einigen Orten in<br />

perlender Klarheit aus dem Boden. Tempelanlagen und Teehäuser umgeben den Ort.<br />

Ein Markt mit seinen Buden und Menschengewühlen belebt die Ufer. Von den Quellen<br />

aus durchziehen Wasseradern die ganzen Straßen, weshalb Tsinanfu zu den<br />

reinlichsten Städten <strong>Chinas</strong> gehört. Ein alter unscheinbarer Pavillon liegt an einer<br />

Biegung des Wasserlaufs. Dort ist Frühmarkt. Morgens, lange vor Tagesanbruch<br />

werden meist ganz im geheimen Altertümer und sonstige Wertgegenstände von <strong>Die</strong>nern<br />

verarmter vornehmer Familien, Händlern oder gelegentlich auch wohl <strong>Die</strong>ben dorthin<br />

gebracht und von Kaufleuten aufgekauft. Das Feilschen und Drängen in der<br />

Morgenkühle ist überaus romantisch. Man kann, wenn man sich auf den Handel<br />

versteht, gelegentlich ganz gute Stücke erwerben, man kann aber auch - und dies ist<br />

wohl die Regel für den harmlosen Europäer - gewaltig betrogen werden. Denn sowie ein<br />

Europäer auftaucht, kommen aus den umliegenden Geschäften die Leute mit ihren<br />

Schätzen hervor und zeigen sie in geheimnisvoller Weise verstohlen vor, um dadurch<br />

Neugier und Kauflust zu wecken. Und da in Wehsiän z. B. eine ausgedehnte Fabrikation<br />

von Bronzealtertümern ist, kann man sich vorstellen, daß da im ungewissen Flackern<br />

der nächtlichen Laternen manche Enttäuschung für den lichten Tag sich vorbereitet.<br />

<strong>Die</strong> vielen Wasser der Stadt sammeln sich im Norden in einem Lotossee, dem Taming-<br />

Hu. <strong>Die</strong>ser See ist das Ziel der müßigen Jugend der vornehmen Häuser. Breite Boote<br />

mit glaswandigen Aufbauten, in denen an gedeckten Tischen Tee und Melonenkerne<br />

serviert werden, fahren durch die freien Wasserrinnen zwischen den großen<br />

Lotosblättern und den duftigen, großen, zartroten Blumen hin und verschwinden wieder<br />

im Grünen. Da und dort hört man fröhliches Lachen oder sieht die bunten Gewänder<br />

einer Sängerin durchs Gebüsch schimmern. Oder es klimpert jemand auf der Laute, zu<br />

der irgendeine Arie aus einem Theaterstück gesungen wird. Der See hat Stationen, die<br />

auf kleinen Inseln liegen. Da sind Pavillons unter hohen Weidenbäumen versteckt.<br />

Gedächtnishallen und Ahnentempel erheben sich, die für berühmte Männer der Vorzeit<br />

erbaut sind und Anlagen und Räume enthalten, in denen man plaudern kann und Tee<br />

trinken und in die Gegend träumen - ja selbst Theater hören, und die auf diese Weise<br />

ganz anders dazu beitragen, die Namen, zu deren Gedächtnis sie gegründet sind, im<br />

Volk lebendig zu halten, als europäische Denkmäler, die nach ein paar Jahren<br />

höchstens noch der durchreisende Fremde besieht. Im Norden reicht der Teich bis zur<br />

Stadtmauer, wo ein Tempel des Nordpols auf hoher Terrasse sich erhebt. Dort kann<br />

man alles übersehen, was auf dem Teich sich abspielt, vom Horizont her schaut durch<br />

den blauen Himmel der Tausendbuddhaberg aus zartem Duft herüber, und all die<br />

Häuser der Stadt, die sich zusammendrängen, sind umsponnen und beschattet vom<br />

zarten Grün der hohen Weidenbäume. -<br />

Von Tsinanfu aus wendet sich der Weg dem Gebirge zu. Man merkt, daß man durch<br />

uraltes Kulturland kommt. <strong>Die</strong> Straßen sind im Lauf der Jahrhunderte in dem weichen<br />

Lößboden so ausgefahren worden, daß sie tief unterhalb der Ebene gehen. Oft wurde<br />

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