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Die Seele Chinas - Chinaseiten

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Achtzehntes Kapitel<br />

Das Gewebe des Lebens<br />

In China ist das Leben nicht willkürlich. Bei aller Freiheit sind ihm feste Fäden eingewebt,<br />

die es tragen und ordnen, die ihm Licht und Schatten, Glück und Unglück zur<br />

Harmonie gestalten. So fließt das Leben dahin wie am Webstuhl das Gewebe. Erlebnisse<br />

schießen zu von rechts und links, buntglitzerndes Glück und farblose Trauer, wie<br />

die Schiffchen mit dem Einschlag des Fadens herüber und hinüberschießen. Aber der<br />

Zettel liegt fest, der allem die Richtung gibt und es ordnet zu festen Figuren, aus deren<br />

Formen der Sinn sprüht, zu dem das wirre Leben sich verknüpft.<br />

Das Jahr ist gegliedert durch seine Feste, die Erlebnisse sind geordnet durch Sitten.<br />

China hat keine Wocheneinteilung, und die regelmäßige Ruhe der Sonntagsfeier<br />

beginnt erst jetzt von den modernen Schulen aus sich über das Land zu verbreiten.<br />

Darum waren die Feste im alten China besonders wichtig. Sie schmückten das Leben<br />

mit den Blumen der Freude. Der Beginn dieser Feste ist das Neue Jahr, das in den<br />

ersten Anfang des wiederkehrenden Frühlings fällt. Es wird meist im Laufe des Februar<br />

gefeiert. Denn China hat noch immer trotz offizieller Einführung des gregorianischen<br />

Kalenders seinen alten guten Mondkalender im stillen beibehalten. <strong>Die</strong>ser Mondkalender<br />

steht dem Menschen nahe, führt ihn unmittelbar hinein in den Lebenszusammenhang<br />

mit dem kosmischen Vorgängen. <strong>Die</strong> Monate sind wirkliche Monde, sie beginnen<br />

mit dem Neumond, und am 15. ist Vollmond. Man braucht nur einen Blick auf den klaren<br />

Himmel zu werfen, um über den Kalender auf dem laufenden zu sein. Neben dem Mond<br />

kommt im chinesischen Kalender auch die Sonne zu ihrem Recht. Vierundzwanzig<br />

Sonnentermine sind in vierzehntägigen Abschnitten unabhängig vom Monddatum über<br />

die Zeit zerstreut und bilden die Kreuzungspunkte der Sonnenzeit mit der Mondzeit. Sie<br />

dienen zur Orientierung des Ackerbaus, und ihre Namen stehen großenteils in<br />

Beziehung zu dem Stand der Saaten. Am 5. Februar ist Frühlingsanfang, am 19. kommt<br />

Regenwasser, dann Erwachen der Winterschläfer, Frühlingsäquinoktium, reine Klarheit,<br />

Kornregen, Sommeranfang, kleine Fülle, Ährenkorn, Sommersolstiz, kleine Hitze, große<br />

Hitze, Herbstanfang, Ende der Hitze, weißer Tau, Herbstäquinoktium, kalter Tau,<br />

Herabkommen des Reifs, Winteranfang, kleiner Schnee, großer Schnee, Wintersolstiz,<br />

kleine Kälte, große Kälte. <strong>Die</strong>se Termine liegen nach dem Sonnenkalender ziemlich fest.<br />

Da aber die Monate nach dem Mond sich richten, so fallen die Termine nicht immer auf<br />

denselben chinesischen Monatstag. <strong>Die</strong> Monate haben neunundzwanzig oder dreißig<br />

Tage. <strong>Die</strong> fehlenden Tage werden jeweils zusammengelegt zu Schaltmonaten, die alle<br />

paar Jahre eingefügt werden, damit Mond und Sonne in Einklang bleiben. Das war eine<br />

wichtige Sache, und jedes neue Herrscherhaus hatte die heilige Pflicht, für die<br />

Übereinstimmung zwischen den Zeiten des Himmels und den Gaben der Erde zu<br />

sorgen. <strong>Die</strong>se astronomische Einstellung des Lebens hat dann weiterhin dazu geführt,<br />

daß je nach dem Sonnen- und Sternstand astrologische Gelegenheiten sich ergaben,<br />

die für verschiedene Unternehmungen besonders günstig sind. So sind noch jetzt im<br />

chinesischen Kalender die günstigen Tage angegeben für die Hochzeit oder<br />

Beerdigung, für Schulanfang, Bauarbeiten, Besuche bei Bekannten, Baden, Haar-<br />

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