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Die Seele Chinas - Chinaseiten

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konfuzianische Kirche in Peking, von der später noch die Rede sein wird, bietet heute<br />

einen ziemlich traurigen Anblick.<br />

Trotz seiner Verehrung für Konfuzius hat K'ang Yu We durch diese Arbeit, die noch aufregender<br />

wirkte, als die erste, die in ihrer ganzen Auflage von der Kaiserin-Witwe vernichtet<br />

worden war, den Heiligen aus seiner einzigartigen Stellung herausgelöst und ihn<br />

gewissermaßen in Parallele gebracht zu den anderen bedeutenden Männern seiner<br />

Zeit, die ja auch alle sich irgendwie eine Vergangenheit zurechtgemacht hatten. Er hat<br />

damit den Weg eröffnet, der alten Geschichte viel unabhängiger und objektiver<br />

gegenüberzutreten als dies bisher in Jahrtausenden der Fall gewesen war, K'ang Yu We<br />

selbst war freilich von jeder Objektivität sehr fern. Er war eine sehr eigenwillige Natur.<br />

Das zeigt sich nicht nur in seinem Verhältnis zur alten Literatur und ihren Quellen,<br />

sondern auch in seinem Benehmen zu lebenden Menschen, namentlich zu seinen<br />

Schülern, von denen er sich viele entfremdet hat. Er könnte heute der unumstrittene<br />

Führer Jung-<strong>Chinas</strong> sein, wenn er sich nicht auf allerlei Eigenheiten verbissen hätte.<br />

Am revolutionärsten ist sein drittes Werk, in dem er dazu übergeht, selbständige Theorien<br />

für die Gestaltung der menschlichen Gesellschaft aufzustellen. <strong>Die</strong>ses Werk »Das<br />

Buch von der großen Gemeinsamkeit« ist freilich nur in wenigen als Manuskript<br />

gedruckten Exemplaren verbreitet, weil er der Überzeugung ist, daß seine Zeit noch<br />

nicht gekommen sei. Er geht darin zurück auf eine Stelle im alten Buch der Sitten, wo<br />

eine dreifache Menschheitszeit in Aussicht genommen ist: eine Zeit der Unordnung, eine<br />

Zeit der kleinen Kräftigung und eine Zeit der großen Gemeinsamkeit. <strong>Die</strong> Grundsätze für<br />

die Zeit der großen Gemeinsamkeit führt er in seinem Buch aus. Es ist nicht nur als<br />

Utopie gedacht, sondern als ganz ernsthafte Grundlage für die künftige Gestaltung der<br />

menschlichen Gesellschaft. <strong>Die</strong> Hauptgedanken dieses Werkes sind:<br />

1. Abschaffung des Staats. <strong>Die</strong> ganze Welt hat eine gemeinsame Regierung, die sich<br />

in einzelne Unterabteilungen nach Nationen gliedert.<br />

2. <strong>Die</strong> Gesamtregierung und die Unterregierungen werden vom Volk gewählt.<br />

3. Abschaffung der Familie. Mann und Frau leben nicht länger als ein Jahr<br />

zusammen. Nach Ablauf der Zeit findet Wechsel statt.<br />

4. Frauen, die schwanger sind, gehen in eine Mutterschaftsschule; die Neugeborenen<br />

kommen in ein Säuglingsheim.<br />

5. <strong>Die</strong> Kinder kommen ihrem Alter entsprechend in Kindergärten, später in die<br />

Schule.<br />

6. <strong>Die</strong> Erwachsenen erhalten von der Regierung das Gebiet ihrer Berufstätigkeit<br />

zugewiesen.<br />

7. Für die Kranken sind Krankenhäuser, für die Alten Altersheime da.<br />

8. <strong>Die</strong> Mutterschaftsschulen, Säuglingsheime, Kindergärten, Schulen,<br />

Krankenhäuser, Altersheime sind alle sorgfältig ausgestattet, so daß die Insassen<br />

sich wirklich wohl darin fühlen.<br />

9. Erwachsene Männer und Frauen müssen dem jetzigen Militärdienst entsprechend<br />

an diesen Anstalten eine bestimmte Anzahl von <strong>Die</strong>nstjahren verbringen.<br />

10. Wohnungen und Speiseräume sind öffentlich. Jedem bleibt die freie Verfügung<br />

über den Ertrag seiner Arbeit.<br />

11. Alle Faulheit wird durch strenge Strafen verhindert.<br />

12. Förderer der Wissenschaft und solche, die in den öffentlichen Anstalten besondere<br />

<strong>Die</strong>nste geleistet, werden besonders ausgezeichnet.<br />

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