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Die Seele Chinas - Chinaseiten

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an Tschuangtse denken, der auch eine solche Begegnung hatte mit Totengebeinen und<br />

daran Betrachtungen über Leben und Tod anknüpfte. -<br />

<strong>Die</strong> Ebene zieht sich sehr lange hin. Man muß das Blau von den Bergen laufen, die man<br />

immer vor sich hat. Wenig Abwechslung bietet der Weg: einen zerfallenen Tempel, der<br />

gegenüber einem ummauerten Dorf liegt, eine große, moderne Schulanlage in der<br />

Ferne, ein einsames, ummauertes Gehöft, sonst nichts als weite Felder, die zum Teil<br />

nur dürftigen Ertrag geben. Karawanen von Eseln und Maultieren kommen an uns<br />

vorüber. Ein Mann ruft uns an, unser Wagen sei vorausgefahren und warte im Gebirge<br />

auf uns. Endlich ist das Blau der Berge gewichen. Starre Felsen und dürftiges Gras, ein<br />

Feuersignalturm, zerfallen, steht am Eingang des Gebirges. Steil und steinig klettert der<br />

Weg das Bachtal hinauf. An den Hängen weiden Schafe und Ziegen. Endlich kommen<br />

wir an die Hütten des Gebirgsdörfleins. Eine kleine Herberge liegt am Ende des Dorfes.<br />

Da hält der Wagen, und die <strong>Die</strong>ner haben ein kleines Erfrischungsmahl mit Tee und<br />

Obst bereitet. Es gibt hier eine kleine, ganz rote Apfelart und wunderschön erfrischende<br />

Wassermelonen. Ich war ziemlich müde und setzte mich daher eine Zeitlang auf den<br />

Wagen. Das kostete aber eine große Selbstüberwindung. Denn das eine Pferd ist am<br />

Rücken ganz wund und wird von Fliegen übel gepeinigt. Lautlos zieht es seine Last und<br />

duldet, ohne daß man etwas davon merkt. <strong>Die</strong>se Qual der Kreatur ist auch etwas, das<br />

sich sehnt nach Rettung und Ruhe.<br />

Der Weg geht steil in die Höhe über einen Paß; dann kommt man an das Tal des Wutschou-Flusses,<br />

der breit und reißend dahinfließt. In der Nähe sind Kohlenminen, in<br />

denen die Kohle im Tagbau gewonnen wird. <strong>Die</strong> beiden Ufer des Flusses werden von<br />

niedrigen, aber steilen Hügeln gebildet, von deren spärlichem Graswuchs sich Schaf-<br />

und Ziegenherden nähren, die in der Ferne da und dort wie dicht gesäte, weiße Punkte<br />

die Abhänge bedecken. Der Weg ist auf der einen Seite in das Gestein der Abhänge<br />

eingehauen. <strong>Die</strong> starken Regengüsse der letzten Tage haben an vielen Stellen große<br />

Lücken in den Weg gerissen, so daß die Reisewagen alle es vorziehen, durch das steinige<br />

Flußbett zu holpern.<br />

An einer Stelle, wo sich das Flußtal erweitert, ist unmittelbar am senkrechten Felshang,<br />

in den einige Höhlen eingewittert sind - das Gestein ist hier grobkörniges Konglomerat -,<br />

ein kleiner, malerischer Tempel des göttlichen Schützers Kuanti. Vor dem Tempeltor<br />

steht ein Bild des treuen Rosses des Gottes, der im Altertum ein Ritter ohne Furcht und<br />

Tadel gewesen war. <strong>Die</strong>ses Rößlein heilt alle Gebrechen. Man muß nur die Stelle an<br />

seinem Körper reiben, deren entsprechende am eigenen Leibe krank ist. Vor dem Tempel<br />

ist ein kleiner Platz mit hohen, raschelnden Schattenbäumen, unter denen Lastesel<br />

mit ihren Treibern ruhen. Am Flußufer steht eine Theaterbühne, auf der zu Ehren des<br />

Gottes, der von seinem Sitz aus gerade zusehen kann, und zum Vergnügen der umliegenden<br />

Dörfer von Zeit zu Zeit die heiligen Legenden der Vergangenheit und moderne<br />

Schwänke gespielt werden. Der ganze Platz ist übrigens fast einen Meter hoch mit<br />

Lößerde zugeschwemmt, so daß die Theaterbühne, die früher erhöht war, nun zu<br />

ebener Erde liegt. Es sind das wohl einige Felder, die der mutwillige Fluß weiter oben<br />

abgetragen und hier angespült hat - niemand zur Freude und dem früheren Besitzer zu<br />

Leide. Weiter aufwärts trifft man auf ein Dorf, das aus höhlenartig gewölbten Hütten mit<br />

flachen Dächern besteht, wo ebenfalls eine Theaterbühne ist, an deren Säulen gehörnte<br />

Drachenköpfe als Kapitäle erscheinen - nach dem Vorbild des Tempels zu Yünkang.<br />

Eine weitere Station bildet ein kleiner Bergtempel der Göttin der Barmherzigkeit,<br />

Kuanyin, dessen einer Teil als Torbau sich über die Straße wölbt. Davor steht eine<br />

wundervolle Drachenmauer aus glasierten Ziegeln der Mingzeit. Auf dem Geländer vor<br />

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