Die Seele Chinas - Chinaseiten
Die Seele Chinas - Chinaseiten
Die Seele Chinas - Chinaseiten
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Neben den vielen mehr oder weniger abergläubischen Gesellschaften, die in gegenwärtiger<br />
Zeit in großer Zahl wie Pilze aus der Erde hervorsprießen, gibt es auch noch einen<br />
Verein, der sich in wissenschaftlicher Weise mit den Problemen von Sinn und Leben<br />
abgibt und die systematische Pflege des inneren Lebens sowie die gesunde Gestaltung<br />
des sozialen Zusammenlebens der Menschheit zum Ziele hat. Der Begründer ist aus<br />
ganz einfachen Verhältnissen in Setschuan hervorgegangen. Er ist kein Gelehrter oder<br />
Beamter gewesen, sondern hat durch ein entscheidendes inneres Erleben die tiefsten<br />
Einblicke in die wesentlichen Gebiete des Menschen getan. Um die Anschauungen dieses<br />
Kreises zu zeigen, der allen Religionen mit vollem Verständnis gegenübersteht, sei<br />
hier ein Abschnitt aus der grundlegenden Lehre vom dreifachen Ich wiedergegeben. Es<br />
ist bemerkenswert, wie sehr diese Ausführungen mit dem Tiefsten in allen idealistischen<br />
Lebensanschauungen übereinstimmen, wie gewisse Anklänge an die Mystik des Paulus<br />
und Johannes sich finden, aber ebenso die tiefsten Anschauungen des Buddhismus<br />
nicht minder als die des Taoismus und Konfuzianismus ihre Bestätigung in diesen<br />
Ausführungen gewinnen.<br />
<strong>Die</strong> Lehre vom dreifachen Ich<br />
Das erste Ich ist ein unechtes Ich, das zweite Ich ist das echte Ich, das dritte Ich ist das<br />
göttliche Ich innerhalb des echten Ichs. Der Natur nach ist das erste Ich der sterbliche<br />
Leib, das zweite Ich ist die <strong>Seele</strong>, das dritte Ich ist das wahre geistige Wesen. Genauer<br />
ausgedrückt: das erste Ich ist eine Vereinigung der vier Grundelemente (Wasser, Erde,<br />
Feuer, Luft), das zweite Ich ist der Uranfang, das dritte Ich ist die transzendentale<br />
Entelechie, die allen Wesen gemeinsam angehört. Wenn der Mensch das allen Wesen<br />
gemeinsam zugrunde liegende Ich findet, dann erst ist er das große Ich. Von diesem<br />
großen Ich gilt: Der Himmel mag untergehen, so gehe ich doch nicht unter, die Erde<br />
mag vernichtet werden, so werde ich doch nicht vernichtet. Der Höchste sagt mit Beziehung<br />
auf dieses Ich: Erst war mein Geist da, dann kam der Himmel in Existenz. Weil<br />
Sakyamuni vermöge dieses dritten Ichs seine Lehre verkündet hat, darum ward er zum<br />
Lehrer der Götter und Menschen. Kungtse verkündete sein Wort vermöge dieses dritten<br />
Ichs.<br />
Darum bewährte er sich als Vorbild und Meister unzähliger Generationen. Wenn ein<br />
Mensch, der die Wahrheit sucht, nicht dieses dritte Ich findet, so bringt er nicht nur in<br />
diesem Leben die Vollendung der Arbeit nicht zustande, sondern selbst während eines<br />
tausendfachen Lebens in allen Weltperioden bringt er es nicht fertig. Wenn es einem<br />
also wirklich darum zu tun ist, im großen sein Leben zu pflegen, so muß man sich Mühe<br />
geben mit Beziehung auf das dritte Ich.<br />
Alle die sogenannten Helden und großen Staatsmänner der Weltgeschichte, wenn sie<br />
auch noch so große Werke vollbracht und mit ihrem Ruhm die Welt erfüllt haben, sind<br />
doch nicht über das unechte Ich herausgekommen und haben vom wahren Ich nichts<br />
erkannt. <strong>Die</strong> Gläubigen und Anhänger der verschiedenen Religionen haben zwar das<br />
echte Ich erkannt, aber nur unvollkommen das allumfassende göttliche Ich innerhalb des<br />
echten Ichs. <strong>Die</strong>se Heiligen sind noch nicht so weit, daß sie von sich sagen könnten, sie<br />
seien so groß, daß nichts sie umfassen kann, und so klein, daß nichts sie zerteilen<br />
kann. Wenn aber dieses Himmel und Erde umfassende göttliche Ich selbst den Heiligen<br />
noch verborgen und unzugänglich ist, wo ist es dann? Meister K'ung sagt: Wer die<br />
Menschen durch die Kraft des inneren Wesens lenkt, der gleicht dem Nordstern, der an<br />
191