Die Seele Chinas - Chinaseiten
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Hospital, wo ich ihr eine Unterkunft hatte herrichten lassen. Dort legte sich nach und<br />
nach die Unruhe. Ganz allmählich kam aus der Nacht des Wahnsinns ihre ursprüngliche<br />
Art wieder hervor, und nun zeigte sie sich als ganz reizende Persönlichkeit. Eine<br />
gewisse Freiheit des Wesens, wie sie den mongolischen Frauen im Unterschied zu den<br />
Chinesinnen alten Stils zu eigen war, ermöglichte eine nähere Bekanntschaft, bei der sie<br />
sich nicht nur als klug und fein, sondern selbst als graziös humorvoll entwickelte. Sie<br />
war eine begabte Malerin. Noch jetzt bewahre ich einige ihrer Tuschbilder, die zart und<br />
flott gemalt sind, als werte Erinnerungen auf. Eine gewisse dunkle Schwermut lastete<br />
freilich immer auf ihr, wie eine Wolkenhülle, die sich bald senkte, bald hob. Zum Teil<br />
hing es mit ihrer körperlichen Krankheit zusammen, die vielleicht nicht unheilbar<br />
gewesen wäre, an der sie aber schließlich zugrunde ging, weil die Etikette der Familie<br />
ihr nicht erlaubte, sich einem kundigen, europäischen Arzt anzuvertrauen.<br />
Anfangs gab sich der Prinz viel mit politischen Plänen ab. Er wollte als getreuer Vasall<br />
dem jungen Kaiser wieder auf den Thron verhelfen. Vielleicht daß ihm dabei für sich<br />
eine ähnliche Rolle vorschwebte, wie sie seinerzeit sein Großvater inne gehabt. Das<br />
Tragische war nur, daß er zu diesem Zweck die vertrauten <strong>Die</strong>nste zweier Europäer<br />
benützte, die zugleich im <strong>Die</strong>nst von Yüan Schï K'ai standen, gegen den seine<br />
Anschläge gerichtet waren. So kann es nicht wundernehmen, daß alle seine<br />
Bemühungen scheiterten.<br />
Auch sonst hatte er keinen guten Blick in der Auswahl seiner Werkzeuge. Sein Vermögensverwalter<br />
war ein pockennarbiger, hochgewachsener Mandschusklave, der ihn<br />
fürchterlich betrog. Dem Prinzen gehörten noch ungeheure Ländereien, von deren<br />
Pachterträgnissen er hätte glänzend leben können. Aber Jahr für Jahr verkaufte der<br />
Kämmerer davon große Teile auf eigene Rechnung, und den Ausfall an eingehenden<br />
Pachtzinsen wußte er dadurch zu verdecken, daß er bald Dürre, bald Überschwemmungen<br />
vorschob, die an dem Mißwachs schuldig seien, der den Eingang der Pacht in ihrem<br />
vollen Betrag unmöglich machte. In dem Pekinger Palast des Prinzen wurde auch an<br />
Büchern und Altertümern vor und nach dem großen Verkauf vieles entwendet. Als die<br />
Sache schließlich eine solche Ausdehnung annahm, daß der Prinz ihn zu entlassen<br />
gezwungen war, zündete er ihm aus Rache seinen Palast an, von dem ein großer Teil<br />
verbrannte. <strong>Die</strong>s war ja von jeher die Methode der Eunuchen im Kaiserpalast gewesen:<br />
wenn ihre <strong>Die</strong>bstähle entdeckt wurden, zündeten sie die Räume, in denen sie hauptsächlich<br />
gestohlen hatten, an, um eine reguläre Untersuchung unmöglich zu machen.<br />
So ist noch in letzter Zeit in Peking ein Teil des Kaiserpalastes abgebrannt worden,<br />
worauf der junge Kaiser mit den Eunuchen endgültig aufräumte.<br />
Der politische Vertraute des Prinzen war ein Mann, der zwar viel Geld verbrauchte, aber<br />
sich schließlich auch nicht ganz zuverlässig zeigte. So war es kein Wunder, daß der<br />
Prinz die hohen chinesischen Beamten, die in Tsingtau waren, und von denen eine<br />
ganze Anzahl sich anfangs aus alter Anhänglichkeit an das Kaiserhaus um ihn geschart<br />
hatten, sich sehr bald entfremdete. Er hatte etwas Hochmütiges in seiner Natur. Wenn<br />
er mit einem sprach, so sah er ihm nicht in die Augen, sondern auf die Stirn. Wenn er<br />
befahl, streckte er gebieterisch den Finger aus und erwartete Gehorsam. Das waren<br />
Manieren, wie sie sich für einen kaiserlichen Prinzen in voller Macht seinen Untergebenen<br />
gegenüber schickten. Aber es war nicht die Art, wie ein armer Verbannter, der<br />
gefahrvolle Aufgaben zu erfüllen hatte, sich den guten Willen vollkommen unabhängiger<br />
Großwürdenträger gewinnen konnte. Nachdem es in dem Kriegsrat oft heftig zugegangen<br />
war, und nachdem ein Versuch, mit Hilfe des Generals Tschang Hsün, der damals<br />
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