Die Seele Chinas - Chinaseiten
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Nähe der Zahl der acht Genien. Aus der Geschichte der T'angdynastie sind z. B. acht<br />
Weinheilige bekannt, eine trinkfrohe Gesellschaft von Dichtern in der Umgebung von Li<br />
T'ai Po, die der Dichter Tu Fu besungen hat.<br />
Eine solche Gesellschaft findet sich allmählich am verabredeten Ort ein. Ehe die Gäste<br />
vollzählig sind, steht oder geht man umher. Ein <strong>Die</strong>ner bringt feuchte heiße Tücher, mit<br />
denen man sich Gesicht und Hände abwischt, was im Sommer erfrischend, im Winter<br />
erwärmend wirkt. Eine Tasse Tee wird vor jeden der Gäste gestellt. Melonen- und Sonnenblumenkerne<br />
stehen auf kleinen Tellerchen umher. Man knackt unter dem Sprechen<br />
die Schalen und ißt die Kerne. Man steckt sich eine Zigarette an und vertreibt die Zeit<br />
mit leichten Gesprächen über literarische Tagesneuheiten, Politik oder Kunst. Ein<br />
schweres Gespräch zu führen wäre jetzt nicht die Zeit, da die allmählich eintreffenden<br />
Freunde doch dauernd die Gedanken unterbrechen würden. Wenn die Speisenfolge<br />
nicht schon zum voraus festgelegt ist, so reicht der Gastfreund etwa die Speisekarte<br />
herum, und jeder Gast wählt irgendeine der Speisen aus, die nachher auf den Tisch<br />
kommen sollen. Endlich sind die Gäste vollzählig, und man begibt sich zu Tisch. Das ist<br />
in kleineren Landorten immer eine schwierige Sache, fast wie wenn zwei Deutsche miteinander<br />
durch eine Tür gehen sollen. Oft kommt es da vor, daß die einzelnen Gäste<br />
sich tückisch auf einen niedrigeren Platz setzen und die armen jüngeren Opfer obenan<br />
sitzen lassen wollen. Das können diese nun unter keinen Umständen dulden, und so<br />
entstehen oft minutenlange Höflichkeitskämpfe gegenseitiger Bescheidenheit. In den<br />
hauptstädtischen Gesellschaften ist das jedoch nicht mehr üblich. Da jeder der Gäste<br />
durch Alter und Stellung einen deutlich fixierten Platz hat, so schreibt der Gastfreund<br />
Namenkarten und legt sie an die Plätze, oder er gießt der Reihe nach unter Nennung<br />
der betreffenden Namen und mit einer Verbeugung Wein in die bereitstehenden Schälchen.<br />
<strong>Die</strong> Gäste folgen mit mäßigen Versuchen, sich weniger ehrenvolle Plätze zu<br />
sichern, den Aufforderungen des Wirts. Zutrinken des Wirts an die Gäste und dankende<br />
Erwiderung dieses Grußes eröffnet das Mahl.<br />
Nun beginnt die Schlacht. Jeder Gast hat ein Tellerchen für Tunken, ein Tellerchen mit<br />
Sonnenblumen- oder Aprikosenkernen, einen Löffel für die Suppen, ein Paar Eßstäbchen<br />
und ein Weinschälchen vor sich stehen. Papier zum Abwischen der Geräte ist<br />
ebenfalls vorhanden. <strong>Die</strong> Speisen werden nicht einzeln angeboten, sondern auf größeren<br />
Platten oder Schüsseln in die Mitte des Tischs gestellt. Der Wirt fordert zum<br />
Zugreifen auf, und jeder holt sich mit seinen Stäbchen so viel er will. Natürlich sind die<br />
Speisen alle klein geschnitten, so daß sie bequem mit den Stäbchen erfaßt werden<br />
können - vorausgesetzt, daß man die Stäbchen zu meistern versteht. Europäer können<br />
das sehr selten, und es bildet für sie in der Regel eine angenehme Tischunterhaltung,<br />
ihren chinesischen Nebensitzern ihre Unwissenheit in Wort und Tat vorzuführen.<br />
Man geht beim Essen selbstbeherrscht vor. Man trinkt ein Schälchen Wein, man nimmt<br />
gelegentlich einen Bissen der kalten Fleisch- und Gemüseschnitten, die zunächst auf<br />
dem Tisch stehen, legt die Stäbchen wieder hin, plaudert, ißt ein paar Melonenkerne,<br />
trinkt wieder und kostet dann einen anderen Bissen. Man hat keine Eile, man läßt sich<br />
Zeit. Fremde machen in der Regel den Fehler, daß sie vom ersten Anfang an, schon bei<br />
den Vorspeisen, viel zu ernsthaft ins Zeug gehen. Sie sind dann häufig nach dem dritten<br />
oder vierten Gang erledigt, oder müssen sich mit Hilfe von vielem Wein rettungslos den<br />
Magen überladen. Ein chinesisches Essen ist eine lange, ausführliche Sache und will<br />
mit Überlegung und Verstand genossen sein. <strong>Die</strong> europäische Art, die Speisen, die<br />
einem vorgesetzt werden, ohne Besinnen hinunterzuschlucken, ist dem Chinesen fremd.<br />
Er weiß, was er ißt, und schämt sich nicht, einen guten Bissen zu würdigen.<br />
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